Asset Management

Internationale Sanierungen außerhalb der Insolvenz

Eine Vielzahl von Sanierungen aus der jüngeren Vergangenheit sahen sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Credit Crunch konfrontiert. Viele Transaktionen hatten ihren Ursprung in der Private Equity Boom-Zeit der Jahre 2005 bis 2008. Im Vorfeld einer Sanierung laufen Sponsoren, Kreditnehmer und Kreditgeber auf Grund unterschiedlicher Interessen oft Gefahr, handlungsunfähig zu werden, so dass eine Insolvenz unvermeidlich wird. Das Scheme of Arrangement (SoA) nach dem englischen Companies Act 2006 hat sich auch für deutsche Unternehmen als eine flexible und effiziente Methode zur Umsetzung von Sanierungen außerhalb der Insolvenz erwiesen, wie die beiden Clifford Chance-Partner Loren Richards und Stefan Sax in diesem Gastbeitrag erläutern.

Wirtschaftlich instabile Märkte führen bei hoch verschuldeten Unternehmen leicht zur Verletzung von Finanzkennzahlen in den Kreditverträgen. Dieser Umstand resultiert wiederum in langwierigen, außergerichtlichen Sanierungsverhandlungen zwischen Gläubigern, Schuldnern und deren Gesellschaftern. Unterschiedliche Erwartungshaltungen zwischen diesen Beteiligten erschweren die Einigung auf ein gemeinsames Sanierungskonzept. Gleiches gilt auf Grund einer möglichen Veränderung der Geschäftspolitik einzelner Finanzgläubiger, insbesondere im Hinblick auf das unruhige regulatorische Umfeld. Die Bandbreite an möglichen Sanierungsmaßnahmen reicht von einfachen Stundungserklärungen, Zuführung neuen Eigen-/Fremdkapitals bis zur Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital. Die Wahl der jeweiligen Sanierungsmaßnahmen hängt in der Regel davon ab, was in Einzelfällen nützlich und insbesondere auch bei den beteiligten Parteien durchsetzbar ist. Eine Umsetzung kann häufig schwierig sein, da der Kreditvertrag oft einstimmige Entscheidungen der beteiligten Gläubiger voraussetzt. Ein anhaltender Dissens und ein drohender Liquiditätsengpass können schnell zu einem Stillstand der Sanierungsbemühungen führen, was in Deutschland die Insolvenz bedeuten kann. Dies insbesondere dann, wenn Minderheitsgläubiger ihr Störpotenzial ausüben und ihre Zustimmung zu einem von der Mehrheit akzeptierten Sanierungskonzept verweigern. Zwar kann eine Sanierung grundsätzlich auch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens umgesetzt werden, dies bringt aber in der Regel einen erheblichen Kontrollverlust der Gläubiger sowie das Risiko wertschädigender Folgen für das operative Geschäft mit sich. Der damit verbundene Zeit- und Kostenaufwand sind aus Sicht der Akteure meist Anreiz genug, die Insolvenz zu meiden.

Flexible Sanierungen außerhalb der Insolvenz

Die Fälle Tele Columbus und Rodenstock sind gute Beispiele dafür, wie sich international operierende deutsche Gesellschaften und deren Mehrheitsgläubiger eines SoAs bedient haben, um ein gemeinsam erarbeitetes Sanierungskonzept umzusetzen und die Nachteile eines Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Die Sanierungsmaßnahmen, die im Wege eines SoA umgesetzt werden können, sind vielfältig und unterliegen nur wenigen Einschränkungen (wie z. B. dem Grundsatz, dass keinem Gläubiger aufgegeben werden kann, neues Geld zur Verfügung zu stellen). Ein SoA kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine einstimmige Lösung nicht möglich ist, die Sanierung aber von der überwiegenden Mehrheit der Gläubiger sowie vom Kreditnehmer als auch von dessen Gesellschafter(n) befürwortet wird. Die Dauer eines SoA hängt u. a. von der Arbeitsbelastung der zuständigen englischen Gerichte (High Court of Justice) ab. Jedoch kann die Umsetzung eines SoA auch sehr schnell erfolgen.

Umsetzungssicherheit von SoAs

Eine Verlegung des „centre of main interests“, wie dies bei früheren Restrukturierungen erfolgt ist (z. B. Deutsche Nickel oder Schefenacker), ist bei der Umsetzung einer Sanierung im Wege eines SoA nicht notwendig. Die englischen Gerichte haben zuletzt im Fall Rodenstock bestätigt, dass ihre Zuständigkeit schon dadurch begründet sein kann, dass die Finanzierungsdokumentation englischem Recht unterliegt und sich die Finanzparteien einem englischen Gerichtsstand unterworfen haben. Ein englisches Gericht wird aber sein Ermessen zur Ausübung seiner Gerichtsbarkeit in der Regel nur dann ausüben, wenn es davon überzeugt ist, dass die Sanierung „fair“ ist und die Beteiligten wirksam durch ein SoA gebunden werden können. Gerade der Fall Rodenstock hat diesen letzten Punkt richterlich bestätigt. Danach unterliegt die Änderung eines englisch-rechtlichen Vertrages nach den Regeln des internationalen Privatrechts ebenfalls englischem Recht und bindet bei Vorliegen der erforderlichen Mehrheit der zustimmenden Gläubiger die Gesamtheit der Gläubiger unter diesem Vertrag.

Ausblick

Das deutsche Recht kennt insoweit kein Instrument, welches einem SoA vergleichbar wäre. Gerade aus diesem Grund kann das SoA in Deutschland ein bedeutendes Mittel zur Umsetzung von Sanierungen und zur Vermeidung von Insolvenzen sein. Die beiden Beispiele Tele Columbus und Rodenstock setzen insofern neue Maßstäbe, indem sie Möglichkeiten eröffnen, das Blockadepotenzial von opportunistischen Minderheitsgläubigern effizient zu minimieren. So kann sich die Geschäftsführung wieder auf das operative Geschäft konzentrieren, was letztendlich allen Beteiligten zugutekommt.

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