Nachfolge bei Familienunternehmen – Chancen für Inhaber, Unternehmen und Investoren
Familienunternehmen werden von einigen wenigen Familienmitgliedern kontrolliert und nicht selten auch über Jahrzehnte von diesen geleitet. Derzeit wird rund die Hälfte (53%) aller Familienunternehmen innerhalb der Familie weitergegeben. Etwa 18% werden innerhalb des Unternehmens weitergegeben, z.B. im Wege eines Management Buy-outs an die Geschäftsführer, und etwa 29% werden an einen Erwerber außerhalb des Unternehmens weitergeben, z.B. an strategische oder Finanzinvestoren. Auch wenn die familieninterne Nachfolge immer noch bevorzugt gewählt wird, greifen Familienunternehmer bei der Nachfolgeplanung immer häufiger auf Alternativen zur Weitergabe innerhalb der Familie zurück. Sei es, weil Eignung oder Wille der Kinder oder Enkel zur Fortführung der Familientradition fehlt oder Finanzinvestoren zunehmend als attraktive Erwerber und Gestalter einer Unternehmensnachfolge auftreten. Für Finanzinvestoren sind mittelständische Familienunternehmen vor allem wegen ihres regelmäßig geringen Verschuldungsgrades und stabilen Cashflows interessant.
Die Übergabe des unternehmerischen Lebenswerks in fremde Hände ist allerdings ein emotionaler Akt und nicht selten befördert die Unerfahrenheit der Familienunternehmer mit M&A-Transaktionen eine gewisse Vorsicht im Umgang damit. Schließlich steht aus Sicht der Familie der Erhalt des Familienunternehmens auch über die Veräußerung hinaus im Mittelpunkt.
Warum Finanzinvestoren?
Institutionelle Investoren, z.B. Banken, (Private Equity-)Fonds und Versicherer, verfügen über eine große Finanzkraft. Diese kann und wird regelmäßig dazu genutzt, zum weiteren Wachstum des Unternehmens und zur Behauptung desselben auf dem Markt beizutragen. Investitionen in strategische Zukäufe, Forschung und Entwicklung sowie Kapazitätsausbau sichern die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und seiner Mitarbeiter. Denn Finanzinvestoren sind grundsätzlich an einer Wertsteigerung des Unternehmens interessiert, nicht an einer Abwicklung. Die Erfahrung etwa von Private Equity-Investoren bei der Optimierung von Unternehmensprozessen trägt ebenfalls zur Wertsteigerung bei.
Mit Ausnahme von Add-On-Akquisitionen wird ein Finanzinvestor in der Regel kein besonderes Branchenwissen mitbringen, sodass die Erhaltung der Mitarbeiter und ggf. der bisherigen Geschäftsführung ein ganz wesentlicher Bestandteil der Strategie von Finanzinvestoren ist. Durch Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ermöglichen vor allem Private Equity-Investoren eine monetäre Teilhabe am Erfolg des Unternehmens und schaffen dadurch gleichzeitig einen Anreiz, an der Wertsteigerung des Unternehmens mitzuwirken. Hat der bisherige Inhaber bzw. Gründer federführend in der Geschäftsleitung mitgewirkt, so wird der Finanzinvestor im Sinne einer reibungslosen Transaktion und Übergabe auf eine nachfolgende Geschäftsleitung zunächst dessen Verbleib bevorzugen – zumindest als Berater. Dies bietet dem Familienunternehmer umgekehrt die Möglichkeit, sich schrittweise von seinem Unternehmen zu lösen.
Finanzinvestoren sind als Erwerber für Familienunternehmen auch wegen der zeitlichen Komponente interessant: Aufgrund ihrer Erfahrung können sie einen professionellen und effizienten Erwerbsprozess ermöglichen. Eine käuferseitige Due Diligence, Akquisitionsfinanzierung und Kaufvertragsverhandlung gehören für Finanzinvestoren und deren Berater zum Tagesgeschäft. Auf Seiten der veräußernden Familie sollten daher in jedem Falle ebenfalls erfahrene Spezialisten aus der Finanz- und Rechtsberatung mitwirken. Eine Unternehmenstransaktion kann so innerhalb weniger Wochen abgeschlossen werden.
Gestaltungsmöglichkeiten der Nachfolge mit Finanzinvestoren
In der Regel wird ein Finanzinvestor unmittelbar die gesamte Beteiligung an dem Familienunternehmen übernehmen und der Familienunternehmer seine Beteiligung vollständig abgeben wollen. Minderheitsbeteiligungen oder bloße Wachstumsfinanzierungen werden für beide Seiten nicht zielführend sein. Denkbar ist allerdings die schrittweise Veräußerung von Unternehmensanteilen, weil der Familienunternehmer die Nachfolge zwar geregelt wissen (z.B. durch Put-/Call-Optionen bezüglich der verbliebenen Unternehmensanteile), aber das Unternehmen noch nicht vollständig übergeben will. Nicht selten wird dem Verkäufer allerdings auch bei vollständiger Veräußerung durch Rückbeteiligungen oder Earn-outs die Möglichkeit gegeben, an einer zukünftigen Wertsteigerung des Unternehmens teilzunehmen. Dies insbesondere dann, wenn der Familienunternehmer nach der Übertragung der Kontrolle auf den Finanzinvestor auch weiterhin direkt oder indirekt zum Unternehmenserfolg beitragen kann oder will – z.B. als Geschäftsführer oder Berater.
Im Ergebnis bieten sich vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung der Nachfolge bei Familienunternehmen auf einen Finanzinvestor. Die professionelle Begleitung durch Berater auf beiden Seiten führt zu einem reibungslosen Ablauf und einem für alle Beteiligten lohnenden Ergebnis.
Zum Autor:
Matthias J. Annweiler ist Rechtsanwalt bei Sidley Austin in München und berät Private Equity-Fonds, Vermögensverwalter und strategische Investoren zu allen Aspekten des deutschen Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, insbesondere bei nationalen und grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen, Joint Ventures, Managementbeteiligungsprogrammen, Restrukturierungen und allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Themen.