RAG-Stiftung – Pumpen bis in alle Ewigkeit
"Auf vielfachen Wunsch der Tagungsteilnehmer hat Union Investment auf der diesjährigen Risikomanagementkonferenz ein neues Format ausprobiert. In kompakten Impulsvorträgen gaben die Chefanlagestrategen führender Kapitalsammelstellen einen Einblick in ihre Investitionsstrategien in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen. Das Programm der Risikomanagementkonferenz soll mit dieser Neuerung stärker an die Praxis heranrücken.
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Auf vielfachen Wunsch der Tagungsteilnehmer hat Union Investment auf der diesjährigen Risikomanagementkonferenz ein neues Format ausprobiert. In kompakten Impulsvorträgen gaben die Chefanlagestrategen führender Kapitalsammelstellen einen Einblick in ihre Investitionsstrategien in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen. Das Programm der Risikomanagementkonferenz soll mit dieser Neuerung stärker an die Praxis heranrücken.
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Mit Eberhard Vetter, Leiter Finanzanlagen der RAG-Stiftung, und Stefan Heinemann, Abteilungsleiter Risk Management strategische Asset Allocation der Talanx Asset Management, schickten die Veranstalter gleich zwei Referenten ins Rennen, die vor allem eine Herausforderung eint. Sie müssen mit einem extrem langen Anlagehorizont zuverlässig Erträge erwirtschaften. Während die RAG-Stiftung mit den Erträgen aus ihrem Stiftungskapital die so genannten Ewigkeitslasten des deutschen Steinkohlebergbaus finanzieren soll, muss die Talanx Asset Management dafür sorgen, dass der Hannoveraner Versicherungskonzern seine langlaufenden Garantiezinsverpflichtungen erfüllen kann. Dabei hat es Vetter zumindest in einem Punkt sehr viel leichter als sein Kollege Heinemann aus der streng regulierten Versicherungswirtschaft. Die RAG-Stiftung liegt nicht an der kurzen Kette der Regulierungsbehörden und muss sich auch nicht mit den Fesseln von Solvency II herumschlagen. Mit einem deutlich kürzeren Anlagehorizont kann hingegen Nigel Cresswell, Head of Investment Consulting bei Towers Watson Deutschland, kalkulieren.
Mit der Stilllegung der letzten Steinkohle-Zeche 2018 wird in Deutschland erstmals auch eine ganze Branche abgewickelt, die aktuell immerhin noch rund 15 000 Mitarbeiter beschäftigt. Nach vielen Jahrzehnten des Steinkohleabbaus hat sich jedoch der Boden im Ruhrgebiet auf ein Niveau unterhalb des Grundwasserspiegels abgesenkt. Damit das Ruhrgebiet nicht absäuft, müssen jedes Jahr gewaltige Grundwassermassen von einem dichten Netz an Pumpstationen abgepumpt werden. Die Kosten für die Entwässerung des Ruhrgebiets tragen bislang noch die Kohleproduzenten. Mit dem Ende des Kohlebergbaus gehen diese Kosten auf die RAG-Stiftung über, die für die dann kommenden 53 Jahre, so lange dauert die „Ewigkeit“, die Pumpkosten finanzieren muss. Vetter beziffert die jährlichen Kosten für die Entwässerung auf rund 220 Mio. Euro zuzüglich einer Preissteigerungsrate, die oberhalb der allgemeinen Inflationsrate liegt.
Um diese Kosten zu finanzieren, verfügt die RAG-Stiftung neben ihren beiden größten Beteiligungen Evonik (68%) und der Wohnimmobilien-Holding Vivawest (30%) auch über drei Kapitalanlage-Portfolien mit einem Gesamtvolumen von 2,2 Mrd. Euro. Im so genannten kongruenten Portfolio (1,1 Mrd. Euro Anlagevolumen) werden Assets mit einer sehr langen Laufzeit gehalten, die für eine möglichst gute Fristenkongruenz mit den Ewigkeitslasten sorgen sollen. Im Rendite-Portfolio (0,8 Mrd. Euro) sind die Laufzeiten der Anlagen deutlich kürzer und das Risiko etwas höher. Dazwischen liegt das quasi-kongruente Portfolio (0,3 Mrd. Euro).
„Alptraum Solvency II“
Neben dem Problem des sehr langfristigen Anlagehorizonts ist die Talanx Asset Management auch noch in ein enges Regulierungskorsett eingeschnürt. Heinemann stöhnte denn auch mehr als einmal über den „Alptraum Solvency II“, der es einer Versicherung kaum noch möglich mache, in Zeiten niedriger Zinsen die notwendigen Erträge zur Finanzierung der Garantiezinsverpflichtungen einzufahren. Glücklicherweise könne die Talanx aber mit einem internen Risikomodell arbeiten, das den Spielraum bei der Kapitalanlage um alternative Investments erweitert. Allerdings, so Heinemann, neige die Aufsicht immer noch dazu, die Risiken alternativer Investments zu überschätzen und die Gefahren klassischer Anlageprodukte wie Staatsanleihen zu unterschätzen.
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