Schenker – Thewes‘ Bewerbung
Das Interview, das der Chef von DB Schenker, Jochen Thewes, dieser Tage der „FAZ“ gab, liest sich wie eine Bewerbungsrede: Der Aufsichtsrat der erfolgreichen Logistik-Tochter möge auf der anberaumten Sondersitzung die Weichen für einen Verkauf stellen. Die Blaupause liefert uns der Aufzughersteller Thyssenkrupp Elevator, ebenfalls unter den Weltmarktführern, ungemein erfolgreich und wie DB Schenker Tochter eines Milliardengrabs.
Wie im Fall von TK Elevator, die Anfang 2020 für 17,2 Mrd. Euro an ein Konsortium, dem auch Advent und Cinven angehörten, verkauft wurde, haben bei Schenker im Vorfeld der Entscheidung bereits Finanzinvestoren mit den Hufen gescharrt. CVC und Carlyle gehören ebenso dazu wie Advent, Bain und Blackstone.
Der seit seinen Eskapaden in Singapur, die vor sechs Jahren noch hohe Wellen schlugen und ihm zwei Wochen Haft eintrugen, viel ruhiger gewordene, inzwischen 51-jährige Thewes wünscht sich, auch das lässt sich zwischen den Zeilen des Interviews lesen, lieber einen IPO als einen Verkauf an einen strategischen Investor. Bei einem Börsengang bliebe Schenker in der Tat am ehesten als „Firma bestehen“.
Mit Stolz zeigt Thewes dabei auf die soeben erreichten 150 Jahre Tradition. Die kritische Größe zur Selbständigkeit hätte Schenker, die neben Kühne + Nagel, DHL und der dänischen DSV zu den vier Weltmarktführern zählt, allemal. Strategisch aufgestellte Finanzinvestoren würden für die auf 20 Mrd. Euro taxierte Schenker freilich einen höheren Preis zahlen. Und möglichst viel Geld könnte die unter hohen Verlusten und riesigem Investitionsstau leidende Bahn angesichts leerer Bundeskassen gut gebrauchen.
Die Eigentümer, in diesem Fall der Staat, was dem Ganzen auch eine politische Komponente gibt, werden, wie schon die Eigentümer von TK Elevator, zunächst nur eine Grundsatzentscheidung treffen. Mit der Option eines Börsengangs in der Hinterhand kann der Bund den Preis hochtreiben. Allerdings ist Schenker nicht Porsche. Das Börsenumfeld muss stimmen. Auch ist Logistik zyklisch und hängt an der Weltkonjunktur. Derzeit würde ein Finanz- oder strategischer Investor sicher noch Höchstpreise zahlen, aber wie lange noch?