Asset Management

Sonderkonjunkturen in einer Phase des Stillhaltens

Weder Schockstarre noch Aufbruchstimmung, weder Euphorie noch Pessimismus: Die Stimmung im Markt für Unternehmensbeteiligungen zeigt zum Jahresende ein uneinheitliches Bild. Das mag zum einen daran liegen, dass die kaum abreißenden Katastrophenmeldungen der vergangenen drei Jahre bei den Beteiligungshäusern zu einer gewissen Routine geführt haben, die sie auch angesichts der jüngsten Berichte über den Stand der Euro-Krise die Ruhe bewahren lässt. Unternehmen und Investoren haben ihre Hausaufgaben gemacht, und das zahlt sich nun aus. Einen Ausblick auf 2012 wagen Kilian Helmreich und Stefan Widder, Partner bei Latham & Watkins.

Was könnte die Beteiligungsindustrie nun 2012 davon abhalten, ein großes Rad zu drehen? Ein Faktor sind, wie so oft, die Preise: Der Markt hatte sich 2009/10 sehr schnell erholt, als Folge setzte ein Auftrieb für Übernahmepreise ein, der das Interesse der potenziellen Käufer schnell wieder erlahmen ließ. Die aktuellen Finanzkennzahlen der Unternehmen sehen blendend aus, auch die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Die konjunkturellen Aussichten sind jedoch von großen Unsicherheiten belastet, was Kaufinteressenten zu Preisabschlägen veranlasst. Manch Eigentümer sieht vor diesem Hintergrund einige seiner Portfolio-Unternehmen zwar am Ende ihres Zyklus‘, doch will er sie noch eine Zeit lang halten. „Noch ein Jahr länger“, denkt sich da mancher Investor, „und ich bekomme noch einmal deutlich mehr für meine Beteiligung.“

Basel III als Hemmschuh

Ein Hemmschuh für eine stärkere Beschleunigung des Beteiligungsmarktes ist sicher auch die instabile Finanzierungssituation der Banken. Das Regelwerk zur Unterlegung von Krediten mit Eigenkapital – Basel III – ist in vielen Teilen noch nicht umgesetzt. Die Geldhäuser suchen intensiv nach frischem Kapital, was bei den derzeitigen Verhältnissen auf den Finanzmärkten eine schwierige Aufgabe ist. „Risiken begrenzen“, und „Bilanz verkürzen“ stehen bei den Banken derzeit auf der Agenda. Dies bedeutet eine restriktive Kreditvergabe gerade bei Beteiligungskäufen, und wenig spricht dafür, dass sich dies in Kürze ändern wird. Die Fenster für günstige Fremdfinanzierungen werden wohl auch im kommenden Jahr immer nur einen kurzen Moment geöffnet sein. Für Unternehmen bedeutet dies: Ähnlich wie zurzeit bei Börsengängen oder Kapitalerhöhungen wird man nicht umhinkommen, vorzuarbeiten, um die Unterlagen für die angestrebte Transaktion nach Möglichkeit fertig in der Schublade zu haben. Wenn sich ein Fenster auftut, können Unternehmen und Investoren ihre Chance nutzen. Wer es versäumt, wird die Chance verpassen und seine Wachstumspläne verschieben müssen.

Doch so grau die Zukunft auf den ersten Blick erscheinen mag – es gibt Ausnahmen: So erlebt der Gesundheitsmarkt eine Sonderkonjunktur, wie die Krankenkassenfusion von DAK und BKK im vergangenen Oktober deutlich zeigt. Dass noch mehrere Deals dieser Art folgen, ist politisch gewollt, und die Pipeline ist gut gefüllt. Auch in den Sektor Renewables wird im kommenden Jahr Bewegung kommen, denn die Politik hat mit der Energiewende nunmehr eine klare Richtung vorgegeben. Doch zugleich wird es auch hier eine Auslese der Besten geben. Es wird zu Übernahmen, Zusammenschlüssen und bisweilen auch Restrukturierungen kommen, wie in jeder neuen Branche, die Fahrt aufgenommen hat.
Für manche Betreiber von Windparks oder Solaranlagen wird das Wachstum, gepaart mit einem steigenden Kostendruck, zum Problem: Die eigene Organisation kann mit der rasanten Geschäftsentwicklung nicht mehr Schritt halten. Solche Unternehmen suchen oftmals gerne den Schulterschluss mit den bisherigen Wettbewerbern.

Zwei weitere Spielwiesen, auf der wir 2012 Aktivität sehen werden, sind Infrastrukturprojekte und Teile der Chemie-Industrie. Investoren schätzen den stetigen Strom stabiler Umsätze etwa von Versorgungsnetzen oder Straßentunnels. Der Ausbaubedarf für die Strom- und Gasnetze in Europa auf Grund der Energiewende wird ein Übriges tun, um Buyout-Fonds als Kapitalgeber auf den Plan zu rufen. In der Chemie haben sich vor allem die Industriezweige am robustesten gezeigt, die die Grundstoffe für Güter des täglichen Bedarfs liefern. Transaktionen wie unlängst der Verkauf der CU Chemie Uetikon an die in Equistone Partners Europe umbenannte Barclays Private Equity, oder der Verkauf der CABB durch AXA Private Equity sind eindrucksvolle Beispiele, die beweisen, dass Gelegenheiten vorhanden sind und auch genutzt werden. Gut aufgestellte, erfolgreiche Unternehmen werden sich auch 2012 nicht davon abbringen lassen, in eine neue Entwicklungsphase zu starten; dafür werden sie sich die passenden Finanzierungen suchen – und auch bekommen.

Käuferseite bleibt von Asien dominiert

Auf Käuferseite war 2011 ein Jahr der Asiaten: Insbesondere Chinesen und Koreaner, wie sich etwa bei den Verkäufen der Automobilzulieferer Saargummi und Global Safety Textiles zeigte, haben Appetit auf den Markteintritt durch Zukauf eines etablierten europäischen Spielers. Dieser Trend wird sich 2012 fortsetzen. Die Konkurrenz aus Fernost hat gelernt, im Markt der Unternehmensbeteiligungen in Europa schnell und effizient Chancen zu nutzen. Damit steht fest: 2012 wird eine ambivalente Zeit werden – ein Jahr des Stillhaltens und ein Jahr der Sonderkonjunkturen.

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