Börse Stuttgart will bei Bitcoin ganz vorne mitmischen
Matthias Voelkel, CEO der Börse Stuttgart Group, ist gar der Meinung, dass Bitcoin bald wertvoller als Gold sein wird, ohne jedoch einen Zeitpunkt zu nennen. Dafür sprechen die breite Adaption und die sichere, auf Dezentralität beruhende Blockchain-Technologie. Zudem ist der Wert in Krisen leicht abrufbar und anders als Gold in kleinen Einheiten einsetzbar. Voelkel glaubt nicht nur deswegen auch jenseits von Bitcoin an das Digitalgeschäft. Der Anteil des Digital- und Kryptobereichs am Geschäft der Börse Stuttgart liegt bereits „bei rund einem Achtel“, wie er ggü. PLATOW exklusiv erklärt.
Doch die Probleme hierzulande sind nach wie vor zu geringes Interesse und eine strenge (EU-) Regulierung. Die Schweizer Aufsicht FINMA sieht sich auch als Förderer des Digitalmarktes, was nicht die Sicht der BaFin ist. „Wir haben kein ,Wettbewerbsmandat‘, wohl aber eines für die Stabilität und Integrität des eigenen Finanzplatzes“, erklärt die deutsche Finanzaufsicht ggü. PLATOW. Auch die Rede des EZB-Chefbankenaufsehers Andrea Enria am Dienstag in Venedig lässt striktes Handeln erwarten.
Die Aufsicht könne es sich nicht leisten, verspätet einzugreifen „nur weil wir befürchten, die Innovation zu behindern oder die Wettbewerbsposition unseres Finanzmarktes zu beeinträchtigen“, so Enria. Die EU-Aufsicht wird also strikt bleiben, was Voelkel nicht bedauert. „Der Staat muss im Digital- und Kryptobereich die gesetzlichen Regeln durchsetzen; das passiert und ist enorm wichtig.“ Jeder Skandal untergrabe das Vertrauen und beschädige das Finanzsystem. Die Aufsichten sind in einer schwierigen Lage, sie wollen den Wettbewerb nicht unterbinden, aber auch nicht in einen großflächigen Skandal laufen.
Ein weiterer Grund, der selten offen ausgesprochen wird, ist der Schutz der eigenen Hauptwährung. In finanziell instabilen Ländern – bspw. Argentinien, Türkei, Nigeria – haben sich die Digitalcoins als eine Art Ersatzwährung etabliert. Die Zentralbanken schauen zu Recht genau darauf, dass digitale Währungen nicht den nationalen Währungen den Rang ablaufen, sagt Voelkel, denn Geldpolitik sei ein zentrales Mittel der Finanz- und Wirtschaftspolitik. „Das ist auch gut so, denn in wirtschaftlich und politisch stabilen Staaten ist das [eine Zweitwährung] nicht nötig.“
Dass eine bessere Verbreitung der Digitalwährungen hierzulande, wichtig ist, sagt nicht nur Voelkel, sondern war auch Konsens auf der Frankfurter Krypto-Konferenz CAC23B im Oktober. Eine Platow Umfrage zeigt aber, dass die führenden Finanzvertriebe – DVAG, MLP, Swiss Life und OVB – keine Angebote im Portfolio haben und wenig Nachfrage spüren. Auch die Sparkassen sind zurückhaltend. Verständnis dafür hat der Digitalexperte Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. Menschen mit wenig technischen Berührungspunkten hätten wenig(er) Digitalneigung. Daher könne es durchaus sein, dass die genannten Vertriebsorganisationen „mit gutem Grund noch weniger Interesse verspüren“. Mehr Digitallust spüren die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie wollen den Privatkunden den Handel mit Kryptowährungen 2024 ermöglichen (s. PLATOW vom 12.10.). Partner wird nach Ausbootung der dwpbank die Börse Stuttgart werden, wie PLATOW von Dritten erfuhr.
Die Akzeptanz von Kryptowährungen wird das stärken, aber solange viele Finanzhäuser und Vertriebe wie DVAG und MLP mit den erklärungs- und beratungsintensiven Produkten fremdeln, wird es hierzulande keinen Durchbruch geben. Voelkel bleibt optimistisch, die Nachfrage sei bei seinem Haus ungebrochen: „Jeden Monat bekommen wir tausende Kunden dazu.“ Dennoch könnte jeder der vier genannten Großvertriebe „bei uns durchklingeln.“ mv