Banken

Auch exitgetriebene IPOs haben Konfliktpotenzial

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Finanzinvestoren haben nach ihrem Investment verschiedene Ausstiegsmöglichkeiten. In jüngerer Zeit haben sie vermehrt IPOs als Exit-Kanal wiederentdeckt. So stammten die Börsengänge von Brenntag, Kabel Deutschland und Tom Tailor jeweils aus dem Portfolio von Finanzinvestoren. Im Prinzip sind dabei die Interessen von Emittent, Management und Finanzinvestor gleichgerichtet. Thomas Meyding und Andreas Zanner, Partner bei CMS Hasche Sigle, erläutern, weshalb sich die Beteiligten dennoch mit möglichen Konfliktthemen beschäftigen sollten.

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Regelmäßig sind die Fonds der Finanzinvestoren und der Vorstand gemeinsam über ein Beteiligungsvehikel an der Emittentin beteiligt. Häufig besteht schon vor dem IPO ein Beteiligungsprogramm für das Management. Darüber hinaus existieren Absprachen zwischen Gesellschaft, Management und Finanzinvestor über die Art und Weise des Exits und damit verbundene Zahlungsflüsse. Es ist naturgemäß unmöglich, alle Einzelheiten eines Börsengangs zum Zeitpunkt des Investments bereits zutreffend zu regeln. Niemand kann zum Investment-Zeitpunkt wissen, wie die Angebotsstruktur beim IPO sein wird und wie die Verhältnisse am Kapitalmarkt aussehen. Deshalb ist vor einem IPO erneut zu prüfen, inwieweit die zum Zeitpunkt des Investments gültigen Prämissen noch zutreffen oder ob eine Anpassung nötig ist.

Es geht vor allem darum, das ursprüngliche Beteiligungsprogramm für das Management aus der Zeit des Leveraged Buy-outs in die neue Situation der Gesellschaft als kapitalmarktgelistete Unternehmen zu überführen. Dabei können Finanzinvestoren und Management unterschiedliche Positionen haben, etwa im Hinblick auf die Auszahlung des alten Beteiligungsprogramms. Auch die Frage, ob und inwieweit das Management wieder in Aktien der Gesellschaft investieren muss, spielt eine Rolle, oder wie lange das Management die Aktien nach dem IPO halten soll (Lock-up). Bedeutsam sind Aspekte wie die Reinvestitionsverpflichtung des Managements aus den IPO-Erlösen in den Kauf neuer Aktien: Aus Management- Sicht ist zu vermeiden, dass zusätzliche Beträge investiert werden müssen, die liquiditätsmäßig und nach Steuern nicht durch Cash-Zuflüsse aus der Ablösung des ursprünglichen Beteiligungsprogramms finanziert werden können. Auch kann ein neues Management-Beteiligungsprogramm (Management Shares, Aktienoptionen, virtuelle Aktienoptionen/Phantom Stocks) festgelegt werden. Denkbar sind auch Kombinationsmodelle zu den verschiedenen genannten Instrumenten, wie z. B. Lock-up-Fristen für die reinvestierten Aktien.

Knackpunkt Garantien

Die Gestaltungsmodelle sind auf ihre rechtliche und steuerliche Durchführbarkeit hin zu optimieren. Neben diesen Aspekten ist aus Sicht der Gesellschaft auch zu beachten, inwieweit sich die Gestaltungsmodelle auf Eigenkapital und Liquidität auswirken. Daneben kann es zu einem Widerstreit der Interessen beim Übernahmevertragsabschluss mit der emissionsbegleitenden Bank kommen. Finanzinvestoren geben außer den üblichen Rechtsgarantien keinerlei Gewährleistungen zum Zustand der Gesellschaft im Übernahmevertrag ab. Demgegenüber entspricht es dem internationalen Marktstandard, dass der Emittent sehr weitgehende Garantien für seinen operativen Geschäftsbetrieb und seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage übernimmt und gegenüber den Banken auch die Prospekthaftung „schultert“, die im Außenverhältnis Emittent und Bank gleichermaßen trifft. Während der Finanzinvestor ein legitimes Interesse an einem schnellen, reibungslosen Prozess hat, muss der Vorstand als Vertretungsorgan des Emittenten darauf achten, dass Reichweite und Inhalt der abzugebenden Gewährleistungen marktüblich und verantwortbar sind.

Grundregel Gewährleistung

Besonders virulent wird der Interessengegensatz bei bloßen Umplatzierungen, wenn also nur der Finanzinvestor Aktien am Kapitalmarkt platziert und die Gesellschaft keine neuen Aktien ausgibt. In diesem Fall profitiert zwar auch die Gesellschaft in vielfacher Hinsicht von dem Börsengang (Renommee, Visibilität, breitere Investorenbasis und kein Alleineigentümer mehr), aber nicht in monetärer Hinsicht. Hier muss der Vorstand der Versuchung widerstehen, zum Getriebenen des Prozesses zu werden und ohne sorgfältige Prüfung Gewährleistungen der Gesellschaft zu akzeptieren. An der Grundregel, dass die Gesellschaft umfangreiche Gewährleistungen abgeben muss, ändert sich dadurch freilich nichts.

Dem Vorstand ist insoweit zu raten, sich intern rückzuversichern, inwieweit die Gewährleistung zutreffend abgegeben werden kann. Der Vorstand muss in diesem Zusammenhang insbesondere seine Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Aktiengesetz beachten und kann nicht ins Blaue hinein Gewährleistungen für die Gesellschaft abgeben. Wenn der Vorstand ohne Prüfung Gewährleistungen abgibt, die zu einem Schadenersatzanspruch gegen die Gesellschaft führen, sieht er sich möglicherweise Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft ausgesetzt.

Obwohl bei einem IPO im Wesentlichen Interessengleichklang zwischen Gesellschaft, Management und dem Finanzinvestor besteht, empfiehlt es sich für das Management, früh professionellen Rechtsrat einzuholen. Dies gilt besonders für jede Art eines Management-Beteiligungsprogramms, für das Verhandeln des Übernahmevertrags und für die Einhaltung des aktienrechtlichen Sorgfaltspflichtmaßstabs.

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