BaFin legt Hürde für Vorstandsmitglieder bei Bankfusionen fest
In einer Fusion könnte es für Vorstände einer kleineren Bank künftig schwieriger werden, in die Führungsspitze des neuen Instituts aufzurücken. Denn die BaFin schafft neue Regeln.

Banken und Sparkassen müssen für die Besetzung von Vorständen nach Fusionen künftig eine neue offizielle Regel beachten: Wenn der kleinere Fusionspartner nicht mindestens halb so viel Bilanzsumme auf die Waage bringt wie das größere Institut, können Vorstände des Juniorpartners nur nach einer weiteren Prüfung der Aufsicht in die Führungsspitze des fusionierten Instituts aufrücken. Das geht aus dem neuen Rundschreiben der BaFin hervor, das bisherige Merkblätter ersetzt.
Geeignet für die Geschäftsleitung ist eine Person in der Regel immer dann, wenn sie zuvor mindestens drei Jahre lang eine Bank „von vergleichbarer Größe und Geschäftsart“ mit geleitet hat. „Eine vergleichbare Größe ist regelmäßig bis zum Dreifachen der Bilanzsumme anzunehmen“, heißt es nun im Rundschreiben. Rechnerisch wäre diese Schwelle zum Beispiel erreicht, wenn eine fusionswillige Bank 1 Mrd. Euro auf die Waage bringt und die Partnerin doppelt so groß ist, also 2 Mrd. Euro ausweist. Das fusionierte Institut wäre dann 3 Mrd. Euro schwer, was dem Dreifachen der Bilanzsumme der kleineren Bank entspräche. Die Regel ist für Fusionen relevant, gilt aber auch für den Wechsel von Vorständen von einer Bank zur anderen.
„Klarstellung von gelebter Aufsichtspraxis“
Laut BaFin handelt es sich um eine „Klarstellung von gelebter Aufsichtspraxis“, wie uns ein Sprecher sagt. Bereits seit Jahrzehnten orientiere sich die Aufsicht an dieser Größe. Allgemein bekannt ist die Zahl bislang allenfalls ungefähr. Von einem Kenner der Genossenschaftsbanken hören wir die Einschätzung, dass ein fusioniertes Institut in der Regel maximal viermal so groß wie die kleinere Juniorpartnerin sein dürfe, um Vorstände aufnehmen zu können. Das sei aber nur ein grober Erfahrungswert.
Mit der Formulierung gewinnt die Regel der BaFin an Verbindlichkeit. Laut dem Rundschreiben können aber auch andere Kennziffern einfließen, etwa Beschäftigtenzahl, die Kreditstruktur, Depotvolumen und Kundenzahl. Auch ist das Verhältnis nur als Orientierung gedacht, eine flexible Auslegung von Fall zu Fall bleibt also möglich.
Allzu flexible Auslegung der Aufseher?
Ohnehin legt die BaFin den Wert bislang flexibel aus. Als die Frankfurter Volksbank im vergangenen Jahr die Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg übernahm, zog der vierköpfige Vorstand um den damaligen Bankchef Claus Jäger in die Chefetage der Frankfurter ein. Dabei war das fusionierte Haus unter Führung von Eva Wunsch-Weber mit einer Bilanzsumme von 19,6 Mrd. Euro nach dem Zusammenschluss mehr als fünfmal so groß wie die vorherige Aschaffenburger Juniorpartnerin, die Ende 2023 lediglich auf 3,6 Mrd. Euro kam. Auch die Führungsspitze der Volksbank Westmünsterland konnte nach der Fusion den Vorstand der kleineren Volksbank Südmünsterland-Mitte aufnehmen, obwohl das fusionierte Haus mit 5,1 Mrd. Euro Bilanzsumme viermal so groß ist wie die damalige Juniorpartnerin, die zuvor lediglich 1,3 Mrd. Euro wog. Fusionen führen häufig zu übergroßen Vorstandsriegen.
Auch Sparkassen genießen Spielraum. In diesem Jahr nimmt die Sparkasse Darmstadt bei der Fusion mit der kleineren Sparkasse Dieburg auch den Vorstand auf. Damit rückt Markus Euler, Chef in Dieburg, stellvertretend an die Seite von Sascha Ahnert, Chef in Darmstadt. Dabei brachten die Dieburger Ende vergangenen Jahres lediglich 3,1 Mrd. Euro auf die Waage und die Darmstädter 6,6 Mrd. Euro – damit verfehlen sie die Faustformel der BaFin knapp. Seither habe das Institut in Dieburg allerdings kräftig zugelegt, versichert uns ein Sprecher der Darmstädter. Das Okay der Aufsicht liege vor.
Ungewöhnliche Dreierfusion
Überaus ungewöhnlich erscheint uns eine Dreierfusion von Sparkassen im Sauerland: Die zu Jahresbeginn fusionierte Sparkasse Mitten im Sauerland kommt auf 5,0 Mrd. Euro Bilanzsumme, doch der Vorstandschef Ingo Ritter kommt von der kleinsten Fusionspartnerin, der Sparkasse Hochsauerland mit zuvor 1,4 Mrd. Euro Bilanzsumme. Damit verfehlt ausgerechnet der Primus im Vorstand die Faustformel der BaFin. Der größte Fusionspartner, die vorher schon existierende Sparkasse Mitten im Sauerland (1,8 Mrd. Euro), und die Nummer 2, die Sparkasse Arnsberg-Sundern (1,7 Mrd. Euro), haben die Vorgabe der BaFin zwar erreicht, stellen jeweils aber nur einen gewöhnlichen Vorstand in der neu fusionierten Einheit.
Eine Frage der „Geschäftsart“
So beweglich die Aufsicht ist, so ungern legt sie sich zugleich fest. Das zeigt eine weitere Änderung im Rundschreiben: Waren Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen nach Einschätzung der BaFin bisher ausdrücklich von ähnlicher „Geschäftsart“, so ist dieser Passus nun gestrichen. Damit hat die BaFin mehr Spielraum, um die Erfahrung einer Führungskraft zu bewerten. Gewissheit gibt es vor Vorstandswechseln nie.