„Beide Seiten müssen flexibel sein“
Unter den Sozietäten entbrennt ein regelrechter Kampf um die klügsten Köpfe. Das Thema Nachwuchsförderung steht bei den meisten Kanzleien daher mittlerweile ganz oben auf der Agenda. Besonderes Augenmerk widmen die Personalverantwortlichen dabei den Bewerberinnen. Denn obwohl exzellent ausgebildet, wagen gerade junge Frauen weitaus seltener die Karriere in einer Großkanzlei. PLATOW Recht hat mit Alexandra Hagelüken und Christine Koziczinski, Partnerinnen bei Clifford Chance, über Gründe und Lösungsmöglichkeiten gesprochen.
Unter den Sozietäten entbrennt ein regelrechter Kampf um die klügsten Köpfe. Das Thema Nachwuchsförderung steht bei den meisten Kanzleien daher mittlerweile ganz oben auf der Agenda. Besonderes Augenmerk widmen die Personalverantwortlichen dabei den Bewerberinnen. Denn obwohl exzellent ausgebildet, wagen gerade junge Frauen weitaus seltener die Karriere in einer Großkanzlei. PLATOW Recht hat mit Alexandra Hagelüken und Christine Koziczinski, Partnerinnen bei Clifford Chance, über Gründe und Lösungsmöglichkeiten gesprochen.
Geht es um das Thema Frauenförderung, stellt sich meist die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wie ist es denn damit in einer Großkanzlei wie Clifford Chance bestellt?
Hagelüken: Die Arbeit ist gut vereinbar, wenn man bereit ist, flexibel zu sein. Das gilt für beide Seiten. Was in einer Kanzlei sicher nicht funktioniert, ist das Beharren auf ganz regelmäßigen Arbeitszeiten, insbesondere im Transaktionsgeschäft.
Koziczinski: Es stimmt, das M&A-Geschäft gilt als besonders unvereinbar mit familiären Verpflichtungen. Ich persönlich habe das jedoch genau umgekehrt erlebt. Denn für mich ist es gerade ein Ausdruck flexibler Arbeitsweise, wenn ich z. B. zwei Wochen sehr intensiv an einem Projekt gearbeitet habe und dann nach Abschluss der Transaktion auch mal eine Woche gar nicht. Wobei man ehrlicherweise aber sagen muss, dass das nur funktioniert, wenn für eine kontinuierliche Ganztagsbetreuung der Kinder gesorgt ist.
Was kann der Arbeitgeber hier leisten?
Hagelüken: Wenn ein Unternehmen Hilfen für die Kinderbetreuung anbietet, ist das schon eine große Erleichterung. Als erste Großkanzlei in Deutschland hat Clifford Chance eine eigene Kinderkrippe eröffnet. Bei meinem ersten Kind gab es die Kita noch nicht, aber für mein zweites Kind habe ich einen Platz bekommen. Für mich war das neben der Gewissheit, mein Kind gut untergebracht zu haben, auch ein Zeichen der Wertschätzung von Seiten der Kanzlei.
Koziczinski: Flexible Arbeitszeiten stellen höhere Anforderungen an ein Team. Wobei das heute aber kein reines Frauenthema mehr ist. In meinem Team arbeitet z. B. ein männlicher Associate seit einem halben Jahr nur 80%. Das erfordert etwas mehr Organisation, wie beispielsweise wichtige Meetings nicht unbedingt dann anzusetzen, wenn der Mitarbeiter sich zuhause um seine Kinder kümmert. Das ist aber keineswegs nur eine Belastung für ein Team. Denn Sie bekommen umgekehrt ein hohes Maß an Loyalität zurück.
Was tun Sie, um gezielt Frauen zu rekrutieren?
Koziczinski: Viele Frauen bewerben sich gar nicht erst bei uns, weil sie schon von vornherein annehmen, dass sie der Arbeit in einer Großkanzlei nicht gewachsen sind. Wir arbeiten deshalb eng mit den Universitäten zusammen, um die Absolventinnen möglichst früh für uns zu begeistern. Wir bieten auch spezielle Recruitment-Veranstaltungen nur für Frauen an und zeigen ihnen die verschiedenen Perspektiven bei uns auf. Das zweite Vorurteil, mit dem wir zu kämpfen haben, ist das Thema Arbeitszeit. Großkanzleien stehen nun einmal dafür, dass unheimlich viel gearbeitet wird. Wir versuchen zu vermitteln, das viel Arbeit erstens nicht negativ sein muss und zweitens in der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder einer kleineren Kanzlei nicht unbedingt weniger gearbeitet wird. Es ist doch verrückt: Viele Frauen machen exzellente Studienabschlüsse, promovieren oft noch und gehen für ein Jahr ins Ausland. Und wenn sie damit fertig sind und beruflich richtig loslegen könnten, schalten sie mit Blick auf Kinder und Familie einen Gang zurück. Deswegen sagen wir den Frauen: Traut euch! Sammelt noch mal ein, zwei Jahre Berufserfahrung in einem Umfeld, in dem ihr richtig was lernen könnt. Danach könnt ihr euch immer noch entscheiden.
Was können deutsche Kanzleien hier vom Ausland lernen?
Hagelüken: In Asien hat unsere Kanzlei einen sehr hohen Anteil an weiblichen Partnern. Das hängt zum einen mit der Kultur zusammen, in der es für Frauen selbstverständlich ist, zu arbeiten. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass die Kinderbetreuung so gut organisiert ist, dass Frauen gar nicht erst in die Bredouille kommen, sich zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Eine verbesserte Kinderbetreuung ist daher sicher auch ein Ansatzpunkt für Deutschland. In den USA wird das Thema dagegen unter dem Diskriminierungsaspekt sehr politisch diskutiert. Dort besteht auch von Mandantenseite eine Erwartungshaltung gegenüber Kanzleien, mit gemischten Teams zu arbeiten.
Also doch eine Frauenquote?
Koziczinski: Ich persönlich halte eine gesetzliche Quote für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen für sinnvoll. Wir sollten einige Jahre mit einer Quote arbeiten und dann schauen, was sich verändert hat. Der demografische Wandel wird die Frauenförderung aber erzwingen, denn wir können es uns einfach nicht mehr leisten, auf gut ausgebildete Frauen zu verzichten. Das gilt für die Wirtschaft im Allgemeinen und für uns als Kanzlei im Speziellen.