BVerfG bereichert Diskurs um „wahren“ Wert eines Unternehmens
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Seit der DAT/Altana-Entscheidung des BVerfG im Jahr 1999 ist bei der Bestimmung des Unternehmenswerts neben dem Ertragswert auch der Börsenkurs zu berücksichtigen. Dieser soll grundsätzlich stets die Untergrenze für die Bewertung eines Rechtsträgers darstellen. „Das BVerfG schützt mit diesem Grundsatz das Recht eines Aktionärs, seine Aktien jederzeit zum aktuellen Börsenkurs verkaufen zu können“, erläutert Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin bei der Anwaltssozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek.
Im zu entscheidenden Fall ging es um die Verschmelzung zweier börsennotierter Gesellschaften, wobei der Börsenkurs des übernehmenden Rechtsträgers deutlich unter seinem Ertragswert lag. Im Verschmelzungsvertrag wurde auf Basis dieses höheren Werts ein Umtauschverhältnis von 1:3 festgelegt. „Hätte man den niedrigeren Börsenwert herangezogen und zu Gunsten der Minderheitsaktionäre gerundet, wäre man zu einem Verhältnis von 1:5 gekommen“, rechnet die Kölner Expertin für Kapitalmarktrecht vor. „Diesen Schnitt hätte der Beschwerdeführer gerne für sich durchgesetzt, scheiterte damit jedoch vor allen Instanzen“.
Der niedrige Kurs beruhe auf einer Ineffizienz des Kapitalmarktes und könne daher unberücksichtigt bleiben, entschieden LG und OLG und wiesen das Anliegen des Minderheitsaktionärs zurück. Das BVerfG nahm die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde mit der Begründung, es sei verfassungsrechtlich bereits nicht geboten, den Börsenkurs der übernehmenden Gesellschaft zwingend als Obergrenze für deren Bewertung anzusehen, nicht zur Entscheidung an. Bei schlechter Verfassung des Kapitalmarkts verbiete es zudem auch das Grundgesetz nicht, ein Unternehmen ausnahmsweise ungeachtet seines Börsenkurses zu bewerten. Zipperle erläutert dazu: „Das BVerfG wendet sich gegen eine Ausweitung seiner Rechtsprechung – es hatte nie beabsichtigt, einem Aktionär der Tochter das Recht einzuräumen, eine Aktie der Mutter zu einem bestimmten Kurs zu erwerben.“
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