Chart der Woche

Deutsche Bank ist nur noch ein bisschen „too big to fail“

Auf der Liste der global systemrelevanten Banken rutscht die Deutsche Bank seit Jahren immer weiter ab. Derweil würde eine Commerzbank-Übernahme die Unicredit nach oben befördern.

Jan Schrader,
Deutsche Bank Zentrale
Die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt © Thomas Wolf

Einst gehörte die Deutsche Bank zu den „gefährlichsten vier Banken weltweit“, wie der „Spiegel“ 2012 und fast wortgleich auch andere Medien festhielten. Damals stand der deutsche Branchenprimus als „Top-Gefahr für das Finanzsystem“ („Zeit“) auf einer „Art Giftliste“ („Spiegel“) der internationalen Finanzaufseher, dem Financial Stability Board (FSB).

 

 

Wegen ihrer Größe und globalen Vernetzung stand der Konzern damals gleichauf mit J.P. Morgan, Citigroup und HSBC. Alle Institute mussten damals einen zusätzlichen Kapitalpuffer für global systemrelevante Banken (G-SIBs) von 2,5% ausweisen. Der FSB hatte die Liste nach der globalen Finanzmarktkrise angefertigt. Ein Platz auf der Liste galt vielen damals als Makel.

Ein langer Schrumpfkurs

Heute zählt die Deutsche Bank unter den 29 global systemrelevanten Häusern nicht mehr zu den wichtigsten Adressen. In den Jahren 2013 und 2019 fiel die Bank in der internationalen Rangliste ab, ehe sie in der zurückliegenden Woche in die unterste Kategorie abstieg. Der Kapitalaufschlag liegt aktuell bei 1%, nach 1,5% im Vorjahr. Für griffige Schlagzeilen taugt das nicht mehr.

Die Deutsche Bank hat einen langen Schrumpfkurs hinter sich: Die Bilanzsumme ist seit 2012 um 31% auf zuletzt 1.391 Mrd. Euro gefallen, etliche Geschäftsfelder und Beziehungen hat die Bank gestutzt. In allen fünf Kategorien, die für die globale Systemrelevanz ausschlaggebend sind, hat das Frankfurter Geldhaus im Laufe der Jahre Punkte verloren. Das gilt für die Größe, die Vernetzung, die Einmaligkeit, die Komplexität und die Präsenz in unterschiedlichen Rechtsräumen.

Chinas großer Marsch vorwärts

Die Liste dominieren heute wie damals vor allem US-Riesen, neben J.P. Morgan vor allem Citigroup und Bank of America mit jeweils 2,0% Puffer sowie Goldman Sachs mit 1,5%. Acht der 29 G-SIBs sind US-Konzerne.

Aufgestiegen sind vor allem chinesische Häuser – vorneweg die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), die neuerdings einen Aufschlag von 2,0% einhalten muss. Dahinter folgen vier weitere Großbanken. Auf der ersten Liste im Jahr 2012 stand als einzige chinesische Bank lediglich die Bank of China mit 1,0%.

Unicredit steht kurz vor der Schwelle

Die Liste zeigt die globale Relevanz eines Instituts an, nicht das tatsächliche Risiko. Bankkrisen können auch durch weniger bedeutsame Geldhäuser ausgelöst werden, wie die Pleite der Silicon Valley Bank im Jahr 2023 gezeigt hat. Umgekehrt haben zusätzlichen Kapitalvorgaben das Vertrauen in die damals global systemrelevante Credit Suisse keineswegs stabilisiert.

Das FSB erfasst auch andere große Banken. So steht die Unicredit kurz vor der Schwelle, um einen zusätzlichen Kapitalaufschlag zu erhalten – eine Übernahme der Commerzbank könnte die italienische Großbank also leicht in die FSB-Liste katapultieren. Bereits in früheren Jahren war Unicredit dort zu finden.

Und auch der Abstieg der Deutschen Bank ist womöglich nicht von Dauer: Bereits wenige Punkte reichen für die Rückkehr in die nächsthöhere Kategorie aus. Anders als kurz nach der Finanzkrise wäre das heute kein allzu großer Makel mehr.

 

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