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„Deutschland ist ein sehr attraktiver Zielmarkt“

Ist der M&A-Markt wieder erstarkt oder war der Jubel der Branche wieder zu voreilig? 2013 war ein Jahr für große Transaktionen, sowohl in den USA, als auch in Europa. Christoph Louven, Partner bei Hogan Lovells und Leiter der Praxisgruppe Corporate/M&A, sieht darin allerdings nicht die große Marktwende. In unsicheren Zeiten setzt er auf Risk-Sharing-Instrumente und betont das Potenzial, das Deutschland ausländischen Investoren bietet.

12. November 2013

Herr Louven, hat 2013 die ersehnte Trendwende für den M&A-Markt gebracht?

Wir erleben einen zweigeteilten Markt. Die führenden Märkte USA und Kontinentaleuropa haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Alleine die Verizon-Transaktion in den USA mit einem Volumen von 124 Mrd. Dollar war eine der größten Übernahmen überhaupt. Generell war 2013, nach dem sehr schlechten Jahr 2012, unglaublich stark in den USA. Diese Entwicklung sehen wir auf dem europäischen M&A-Markt nicht. Dieser bewegt sich seit 2009 fast auf dem gleichen Niveau.

Auch in Deutschland gab es große Übernahmen.

Natürlich, mit Kabel Deutschland und Vodafone, dem Kauf von Grohe durch die Japaner Lixil oder dem Verkauf von Oxea an die Oman Oil Company haben wir spannende Transaktionen erlebt. Diese führten aber nicht dazu, dass der deutsche Markt in 2013 insgesamt wieder heißer wurde. Im vergangenen Jahr haben wir beispielsweise die Zahlen vom vierten Quartal bejubelt und von der lange erwarteten Trendwende gesprochen. Was folgte, war ein sehr schwaches erstes Quartal in 2013. Das Umfeld ist nach wie vor schwierig.

Wo liegen die größten Herausforderungen?

Das Schlimme an diesen Zeiten ist, dass sich die Gründe gar nicht richtig benennen lassen. Die Fundamentaldaten sind sehr gut. Die Kassen der Unternehmen sind gut gefüllt und auch die Fonds sitzen auf großen Beständen, die sie investieren wollen. Was sie davon abhält, sind die aktuellen Ungewissheiten. Potenzielle Rückschläge wie eine mögliche erneute Zuspitzung der Haushaltskrise in den USA oder eine Verschlechterung der Staatsschuldenkrisen in Südeuropa spielen für den deutschen Markt eine sehr große Rolle.

Wie äußert sich das im Tagesgeschäft?

Bei Verhandlungen haben wir immer wieder die gleiche Situation. Der Verkäufer sieht alle wirtschaftlichen Probleme bereits ausgestanden und bewertet die Aussichten für sein Unternehmen in den kommenden fünf Jahren sehr positiv. Der Käufer hingegen betont in seiner Bewertung viel stärker die ungewisse Entwicklung der wirtschaftlichen Lage. Das heißt, wir haben oftmals Situationen, in denen zwei Parteien gerne zusammenkommen würden, sich aber nicht auf einen gemeinsamen Kaufpreis einigen können.

Wie kommen dennoch Transaktionen zustande?

Häufig helfen da Earn-Out-Klauseln oder Claw-Back-Klauseln. Man setzt also keinen fixen, sondern einen variablen Kaufpreis. Dieser kann durchaus in die Höhe schnellen, je nachdem, wie sich das Unternehmen entwickelt. Das kann ein wirkungsvolles Instrument sein, das derzeitige Marktdelta zu überwinden. Allerdings bedürfen solche Klauseln sorgfältiger Vertragsgestaltung und sind streitanfällig.

Welche Lösungen gibt es noch?

Viele nehmen von einer Vollübernahme eines Unternehmens Abstand und investieren nur in bestimmte Geschäftsbereiche. Strategische Partnerschaften und Joint Ventures haben wieder an Bedeutung gewonnen. Die Motivation ist klar: Alle Akteure wollen das Risiko aufteilen und nicht allein dastehen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern sollten. Partnerschaften und Joint Ventures sieht man besonders am deutschen Markt, wo wir nicht von politischen, sondern ausschließlich von wirtschaftlichen Risiken sprechen, häufiger. In anderen Ländern sind die Risiken andere und das Know-How eines lokalen Partners ist notwendig.

Welches sind zukünftig die spannenden Märkte?

Westeuropa dürfte in den kommenden 12 Monaten bis fünf Jahren der attraktivste Zielmarkt für Fusionen und Übernahmen werden. Deutschland spielt dabei eine entscheidende Rolle. Das hat gute Gründe: Deutschland hat im Gegensatz zu vielen anderen Ländern eine erstklassige Infrastruktur. Deutsche Unternehmen sind oft Hochtechnologieunternehmen mit einer hervorragend ausgebildeten Belegschaft. Das alles ist höchst attraktiv für ausländische Investoren, die meist aus den USA oder Asien kommen. Gerade asiatische Investoren werden zunehmen. Zwar gab es, entgegen der allgemeinen Wahrnehmung, in den vergangenen zehn Jahren nur etwa 40 Transaktionen chinesischer Investoren mit deutscher Zielgesellschaft, 18 davon allerdings in den letzten 18 Monaten. ‚Made in Germany‘ zieht gerade bei Chinesen, da sie dadurch auch die Chance haben, mit einem deutschen Unternehmen im Portfolio ihre eigenen Produkte besser zu vermarkten.

Das klingt vielversprechend für 2014.

Der jetzige Zustand ist seit vier Jahren unser Alltag und wird weder von Kanzleien noch von anderen Marktteilnehmern als Last empfunden. Im Moment spüren wir wieder, dass der Markt belebter wird. Ob es 2014 endlich wieder deutlich hoch geht, hängt aber davon ab, ob es in den nächsten vier bis sechs Monaten nicht wieder zu wirtschaftlichen Rückschlägen kommt.

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