Handel von Knockout-Papieren geht trotz BaFin-Warnung durch die Decke
Die BaFin will per Warnhinweis und Wissenstest die Anleger vor gehebelten Knockout-Zertifikaten schützen. Doch den Boom wird die Aufsicht damit schwerlich bremsen können.

Alles oder nichts: Knockout-Optionsscheine, auch unter dem Begriff Turbo-Zertifikate bekannt, bescheren den Anlegern schon bei kleinen Kursschwankungen hohe Gewinne oder einen Verlust ihres Einsatzes. Bei privaten Anlegern sind diese spekulativen Produkte beliebt, denn mit einem Börsenumsatz von 29 Mrd. Euro im laufenden Jahr ist kein Produkttyp derart rege gehandelt, wie der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW) festhält. Mehr als die Hälfte des Börsenvolumens strukturierter Wertpapiere für private Anleger entfällt auf diese Produkte. Größte Emittenten der Knockouts sind HSBC, Goldman Sachs, Unicredit und Morgan Stanley.

Durch den Hebel führen schon kleine Bewegungen des Basiswerts zu hohen Gewinnen oder zum Verlust. Ist die Untergrenze (Knockout) erreicht, ist der Einsatz futsch. Die BaFin hält wenig von den Produkten und schränkt den Vertrieb ab Juni 2026 spürbar ein. Dann ist ähnlich wie auf Zigarettenschachteln ein Warnhinweis Pflicht: „Im Durchschnitt erleiden 7 von 10 Kleinanlegern Verluste beim Handel mit Turbo-Zertifikaten“, heißt es dann. „Turbo-Zertifikate sind hoch risikoreiche Produkte und nicht für langfristige Anlagestrategien geeignet.“ Alle sechs Monate ist für Anleger ein Wissenstest mit sechs Fragen Pflicht, der über die Risiken aufklären soll.
Hohe Gewinne für einzelne Anleger sind zwar möglich, doch an der Masse der Transaktionen verdient die Bank. Der Emittent oder verbundene Marketmaker stellen die Preise und verdienen an einer Geld-Brief-Spanne. Weil das Produkt gehebelt ist, kommen Finanzierungskosten hinzu. In einer Studie hat die BaFin rund 113 Mio. Transaktionen von Anfang 2019 bis Ende 2023 untersucht. Die Verluste von rund 543.000 Kleinanlegern stiegen in dieser Zeit kontinuierlich auf insgesamt 3,4 Mrd. Euro. 74% aller Anleger schrieben rote Zahlen.
Turbulenzen beleben das Geschäft
Unruhe führt zu Umsatz: Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 stieg das Handelsvolumen ebenso an wie mit der Wahl von US-Präsident Donald Trump vergangenen November, der Marktschwäche im März und dem Zollstreit im April. Die ursprüngliche Ankündigung einer Produktintervention durch die BaFin im Mai bremst den Markt dabei offenbar nicht.
Wie sehr sich Anleger von Warnhinweisen und Pflichtfragen abschrecken lassen, muss sich zeigen. Bisher steht die Produktgruppe aller Kritik der BaFin zum Trotz sicher auf den Beinen: Waren Transaktionsvolumina von mehr als 3 Mrd. Euro pro Monat noch vor wenigen Jahren selten, so ist dieses Niveau heute üblich. Auch außerbörslich dürfte das Volumen aus Sicht von Marktkennern gestiegen sein. Den Knockout haut so schnell nichts um.