Gesellschaft

Gedenken an Herrhausen – Kopper ausgeladen

Im Gedenken an den vor 30 Jahren ermordeten Deutsche Bank-Chef Alfred Herrhausen lädt die derzeit von Clemens Börsig, dem einstigen AR-Chef, geführte „Historische Gesellschaft“ des Instituts für diesen Donnerstag (19.12.) zu einer Veranstaltung (s. auch PLATOW v. 25.11.), in deren Mittelpunkt neben Zeitzeugen die soeben erschienene Biografie der Historikerin Friederike Sattler „Herrhausen: Banker, Querdenker, Global Player. Ein deutsches Leben“ steht.

Ursprünglich hätte auch der Nachfolger Herrhausens, Hilmar Kopper, auftreten sollen. Auf Betreiben der 1992 von der Bank unter Kopper und mit Sitz in Berlin gegründeten „Alfred Herrhausen Gesellschaft“, deren Geschäfte seit 2016 Tochter Anna Herrhausen führt, wurde Kopper vom Kuratoriums-Vorsitzenden der Gesellschaft und heutigen AR-Chef des Instituts, Paul Achleitner, jedoch wieder ausgeladen. Dieser delikate und hinter den Kulissen für viel Wirbel sorgende Vorgang wird derzeit in der Frankfurter Community heiß diskutiert. Wie konnte es dazu kommen? Nach der Ermordung Herrhausens wählte der Vorstand aus seiner Mitte einen Nachfolger. Er musste Kopper heißen, denn dieser war nicht das unbeschriebene Blatt, für das die Öffentlichkeit ihn hielt. Schon zu Lebzeiten Herrhausens hatte er die Arbeit gemacht, den Umbau zur Investmentbank eingeleitet, während Herrhausen der Deutschen Bank mit seiner Brillanz, seiner geschliffenen Rhetorik und seinem Charme zu besonderem Glanz verhalf.

Auch äußerte sich Herrhausen, der als scharfsinniger und unerschrockener Denker galt, immer wieder zu kontroversen Themen: von Schuldenerleichterungen für Entwicklungsländer, Engagement für das Gemeinwesen bis hin zu Verantwortung des Einzelnen für die Gesellschaft. Sehr bald nach dem Tod wurde jedoch an seinem Ruhm gekratzt. Teilweise gelangten hierzu Informationen auch aus dem damaligen Vorstand nach draußen. So nährten Quellen den Eindruck, dass sich die Bank Herrhausen nicht mehr lange hätte leisten können. Zu abgehoben vom Tagesgeschäft hätte er agiert. In der Tat entfernte sich die Deutsche Bank in den Folgejahren von den von Herrhausen vorgedachten Werten, um da zu enden, wo sie heute steht. Aus der Zeit unter Kopper stammen offenbar Animositäten zwischen der Familie und dem Vorstand. Beobachter bedauern den Vorfall zutiefst.

Persönliche Befindlichkeiten hätten sich gegenüber historischer Wahrheitsfindung durchgesetzt. Nun hätte Kopper mit Sicherheit nichts Negatives über Herrhausen und seine Zeit gesagt. Eine Besetzung der Veranstaltung, die nicht den Segen der Familie hat, wäre aber nicht akzeptabel gewesen. Achleitner musste, was viele ihm vorhalten, handeln. Die Familie um Ehefrau und Tochter haben das größte Opfer gebracht. Ihr Wille ist zu respektieren, auch wenn er noch so subjektiv erscheinen mag. Eine nüchterne, emotionslose Sicht auf Herrhausen nur drei Jahrzehnte nach dem Attentat wäre irreal.

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