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Gefahr durch Finfluencer – Lässt die BaFin zu viel Leine?

In einem jüngst publizierten Merkblatt hat die BaFin "Finfluencer" zum Ärger vieler Banken grundsätzlich nicht als Anlageberater eingestuft. Von einem Freifahrtschein kann dennoch keine Rede sein.

Moritz Kudermann,
Logo der Aufsichtsbehörde BaFin
Logo der Aufsichtsbehörde BaFin © AdobeStock

Immo-Tommy, DividendenDagobert oder AlleAktien: Wer auf Social Media Infos zur Geldanlage sucht, stößt schnell auf „Finfluencer“. Nicht zu verwecheln mit Influencern. Ein Jürgen Schmitt von der Deutschen Bank würde sich ebenso wie sein Arbeitgeber bitter beschweren, wenn er als solcher bezeichnet würde. Schmitt ist Influencer und hat auf LinkedIn aktuell respektable 29.914 Follower. Zum Vergleich: Christian Sewing (83.126).

Allein die drei erfolgreichsten deutschsprachigen Finfluencer-Accounts hingegen vereinen auf Instagram mehr als 2 Mio. Follower und haben ein ganz anderes Profil. Diese Finfluencer erklären nicht nur Aktien, Immobilien und andere Vermögenswerte, sondern verlinken sogar empfohlene Finanzprodukte, die die Follower dann inklusive einer Provision kaufen können. Das seien „knallharte Anlageempfehlungen“, die stärker kontrolliert werden müssten, meint etwa der Vorstand der Akademie für Finanzberatung, Wolfgang Kuckertz. Danach sieht es momentan jedoch nicht aus. In einem jüngst publizierten Merkblatt nennt die BaFin nun zwei Kriterien, weshalb Finfluencer „regelmäßig nicht als Anlageberater gelten“: Sie kennen weder die persönlichen Umstände ihrer Follower, noch empfehlen sie Produkte für eine konkrete Person. Stattdessen richten sie ihre Empfehlungen an die breitere Öffentlichkeit.

Von einem Freifahrtschein kann trotzdem keine Rede sein. „Finfluencer sind zwar regelmäßig keine Anlageberater“, sagt Rechtsanwalt Paul Schultess von der Kanzlei Annerton, der sich vor allem mit dem Aufsichtsrecht in der Finanzbranche beschäftigt. „Sie können es aber trotzdem sein.“ Beurteilt ein Finfluencer etwa die Finanzen eines einzelnen Followers und empfiehlt ihm konkrete Aktien oder ETFs, braucht er dafür eine Erlaubnis.

Für Banken und Versicherungen greift das Merkblatt dennoch zu kurz. „Die Interpretation verkennt die tatsächliche Einflussnahme der Finfluencer“, erklärte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, Michael Heinz, als Reaktion auf die BaFin-Veröffentlichung. „Professionelle Vermittler unterliegen strengen Regularien, während Finfluencer mit fragwürdigen Empfehlungen ohne jede Kontrolle Millionen von Anlegern beeinflussen.“ Dass die Kritik vor allem von Anlageberatern kommt, ist kein Zufall. Da sie mit den Finfluencern konkurrieren, haben sie einen Nachteil, wenn sie eine Erlaubnis brauchen, erklärt Rechtsanwalt Schultess. Für die Zulassung müssen Anlageberater ihre Sachkunde nachweisen, außerdem kostet der Antrag Zeit und Geld.

Noch dazu überzeugen Finfluencer besonders junge Menschen, die sich von traditionellen Finanzvermittlern ohnehin seltener angesprochen fühlen: Laut einer BaFin-Umfrage sehen 60% der Befragten zwischen 18 und 45 Jahren Finfluencer als gute Alternative zur professionellen Beratung. Für Banken und Versicherer wird es also zunehmend schwer, jüngere Zielgruppen an sich zu binden. Dabei investieren gerade die immer häufiger. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Aktienanleger unter 39 Jahren in Deutschland auf rund 3,7 Mio. verdoppelt, wie das Deut-sche Aktieninstitut schätzt. Werden Finfluencer jedoch weiterhin nicht reguliert, könnten sie mit unqualifizierten Tipps den Verbrauchern sogar schaden. Finfluencer kann sich schließlich je-der nennen – egal, ob mit oder ohne Sachkenntnis. Und genau da sieht Schultess auch Chancen für traditionelle Vermittler. „Man braucht zwar erst eine Zulassung, aber wenn man sie hat, kann man sie als Aushängeschild nutzen.“

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