Geldabheben im Supermarkt – HDE zofft sich mit der Kreditwirtschaft
Weil es in Deutschland weniger Bankfilialen gibt, greifen die Menschen immer häufiger beim Einzelhandel in die Kasse – ganz legal natürlich. Allein im vergangenen Jahr holten die Deutschen 12,31 Mrd. Euro bei HIT, Penny oder Rewe ab. Das waren beeindruckende 20% mehr als noch im Vorjahr, wie eine Studie des Handelsforschungsinstituts EHI zeigt. Schauen wir auf die Vor-Pandemie-Zeit, fällt der Vergleich noch krasser aus: 2019 ließen sich Kunden gerade einmal 2 Mrd. Euro an den Einzelhandelskassen auszahlen. Dieser markante Anstieg kommt nicht von ungefähr. Banken wie Supermärkte werben jeweils dafür. Und vor wenigen Tagen erst preschte die Postbank vor und verkündete: Kunden können über einen QR-Code bis zu knapp 1.000 Euro bei Einzelhändlern abholen oder einzahlen.
Für Banken ist das Angebot hip, cool und äußerst bequem. Für den Einzelhandel wird es langsam zur Zerreißprobe. Denn galt das Abheben von Bargeld anfangs noch als Lockmittel, um Kunden in die Filiale zu bekommen, ist es heute kein Alleinstellungsmerkmal mehr. „Heute ist Cashback quasi zum ,must have‘ geworden. Händler A muss Cashback anbieten, da der Kunde ansonsten zum Händler B geht, wenn er dort zusätzlich Bargeld erhält”, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE). „Der Handel ist sozusagen Opfer des eigenen Erfolgs.” Aussteigen aus dem freiwilligen Angebot sei deshalb kaum noch möglich.
Dieses kommt den Handel teuer zu stehen. Allein 2023 haben Händler laut EHI-Zahlen für den sogenannten „Cashback”-Service mehr als 17 Mio. Euro an Gebühren hingeblättert, im Schnitt 0,14% für jede Abhebung. Binnebößel findet das nicht fair und beklagt, dass sich die Banken aus der Verantwortung stehlen. „Wir erwarten von der Kreditwirtschaft ein Entgegenkommen, indem zumindest der Auszahlungsbetrag vom Entgelt freigestellt wird”, sagt er in aller Deutlichkeit.
Für die Banken kommt das nicht infrage. Die Bargeldabhebung im Supermarkt ersetze die bei Banken oder Sparkassen nicht, betont die Deutsche Kreditwirtschaft (DK). Sie sei lediglich eine Ergänzung. „Es ist nicht möglich oder gewünscht, dass der Einzelhandel die Funktion von über 51.000 Geldautomaten in ganz Deutschland übernimmt”, heißt es bei der DK. Ähnliche Töne kommen von der Postbank, wo ein Sprecher betont, dass auch der Handel von dem Angebot durch bessere Kundenbindung und Einsparungen bei der Bargeldlogistik profitiere. „Das erklärt, dass die Zahl der teilnehmenden Einzelhändler so rasch gestiegen ist”, sagt er. Und überhaupt, heißt es von der DK: „Händler bieten diesen Service freiwillig an.” Wenn er ihnen nicht zusagt, müssten sie ja nicht mitmachen.