Revolut – Was hinter dem Geldautomaten-Experiment steckt
Die klassischen Banken dünnen ihr Geldautomaten-Netz aus. Revolut hingegen installiert 50 Automaten, zunächst in Spanien. Was sich die Neobank davon verspricht.

Während Banken und Sparkassen ihr Geldautomaten-Netz ausdünnen, weil immer mehr Kunden bargeldlos zahlen und aus Furcht vor Automatensprengern, geht ausgerechnet die britische Neobank Revolut den entgegengesetzten Weg. 50 Geldautomaten will die Firma aufstellen, zunächst in den spanischen Metropolen Barcelona und Madrid. Klar und typisch für die Start-up-Szene sind das nicht einfach irgendwelche Geldautomaten, man werde das Konzept Geldautomat „neu interpretieren“, wie es etwas großspurig in der Pressemitteilung heißt. Das Design soll besser sein, auch etwas mehr als die herkömmlichen Geräte sollen die Revolut-Maschinen können, etwa Kartenausgabe und Geldwechselgeschäfte.
„Wir wollen zeigen, dass der Standard deutlich höher sein kann, als er aktuell ist“, sagt Wiktor Stopa, Revoluts Head of Growth. Aber ist das wirklich alles? Will Europas erfolgreichstes Fintech einfach die Muskeln spielen lassen – oder steckt hinter dem Projekt doch mehr? Christoph Stegmeier, Senior Partner bei der Unternehmensberatung Simon-Kucher, hält das Geldautomatenprojekt für folgerichtig, wenn man sich Revoluts Strategie anschaue. „Eine solche hat Revolut eigentlich gar nicht, zumindest nicht in dem Sinne, wie etablierte Banken ihre mehrjährige strategische Ausrichtung planen“, sagt er. Stattdessen starte die Neobank pro Jahr viele kleinere Projekte, die potenziell Wachstum treiben können, und schaut dann, welche tatsächlich dabei helfen: „Dazu gehört meiner Einschätzung nach auch das Geldautomaten-Experiment.“
Eine Vermutung, die Stopa indirekt bestätigt: „Wir haben einige Hypothesen zur Auswirkung der Automaten auf unser Geschäft, die wir jetzt auf kleiner Stufe ausprobieren und bei Erfolg in anderen Märkten skalieren.“ Vorneweg spielt dabei der Marketingeffekt eine Rolle, der Name Revolut wird präsenter, fällt auch Kunden auf, die sich bisher nicht für Revolut interessierten. Aber auch der Kundenservice soll mit den Maschinen besser werden, was auch die Entscheidung für Barcelona und Madrid als Startpunkt erklärt.
Konkret will Revolut einfacheren Zugang zu Cash ermöglichen, auch zu Bargeld in Fremdwährungen, was vor allem für Touristen interessant ist – von denen gibt es in den spanischen Städten reichlich. Deswegen stehen die Automaten auch dort, wo potenziell viele von ihnen vorbeikommen, etwa am Strand. Da Spanien innerhalb Europas zu den Ländern zählt, die noch viel auf Bargeld setzen, erwartet Revolut entsprechenden Bedarf.
Stegmeier sieht aber noch einen weiteren Grund dafür, dass das Projekt in Spanien startet. „Es war für Neobanken bisher schwieriger, Kunden in Spanien zu akquirieren“, sagt er. Die etablierten Banken in dem Land wie BBVA und Santander seien bereits recht digital unterwegs, der Bedarf an Challenger Banks also nicht so groß wie andernorts.
Ob die Geldautomaten bald auch in anderen Ländern auftauchen werden, ist noch unklar. Revolut kündigte zwar an, dass dies geplant sei. Stopa schränkt aber ein: „Wir werden uns zunächst einmal anschauen, wie sich die Automaten auf unser Geschäft auswirken.“ Ob sie Nutzung, Interaktion und Bargeldabhebungen erhöhen, will Revolut tracken. Zeigt sich hier ein Effekt, könnte das Projekt aber skaliert werden. Die ersten Tage, so Stopa, hätten bereits gute Werte geliefert.