Direktbank

ING – „Blaue Welle“ treibt Rendite

Eine grundlegende Zinswende ist 2021 nicht zu erwarten. Daran wird auch der aktuelle Anstieg der Renditen für 10-jährige amerikanische Staatsanleihen auf wieder über 1% (zuletzt im März 2020) nichts ändern. Selbst wenn es noch ein weiteres Stückchen nach oben gehen sollte, wie etwa Berenberg und BNP Paribas mit 1,4% bis Jahresende prognostizieren, ist das noch immer keine Zinswende. Die Commerzbank geht nach einem vorübergehenden Anstieg auf 1,3% bis diesen Sommer sogar von einer rückläufigen Entwicklung der 10-jährigen US-Staatsanleihe bis Jahresende auf 0,8% aus.

Im Analystenteam von Carsten Brzeski, dem Chefvolkswirt von ING Deutschland (ehem. ING DiBa), ist man dagegen noch optimistischer und erwartet gar 1,5% bis Jahresultimo. Mit dieser Prognose liegt die Frankfurter Direktbank in der aktuellen Zinsumfrage der FAZ unter 23 Banken und Fondsgesellschaften am weitesten vorn. Die Renditen der 10-jährigen Bundesanleihen werden hingegen nach Meinung aller Experten weiter negativ bleiben.

Für die relativ hohe Bewertung der US-Renditen macht die ING die „Blaue Welle“ verantwortlich. Gemeint sind der Wahlsieg des künftigen US-Präsidenten Joe Biden sowie die günstige Lage für die Demokraten im Repräsentantenhaus und Senat. Nach Ansicht der ING wird der neue US-Präsident zunächst versuchen, jene Infrastrukturpläne voranzutreiben, die eine parteiübergreifende Unterstützung finden könnten. Sein 2 Mrd. US-Dollar-Plan für grüne Energie, der die US-Stromerzeugung bis 2035 dekarbonisieren soll, wird jedoch voraussichtlich auf den Widerstand der Republikaner stoßen. Dennoch könnte er immer noch versuchen, den Plan mit einer einfachen Mehrheit im Rahmen des jährlichen Haushaltsabstimmungsprozesses durchzubringen.

Versprochene Steuererhöhungen für Unternehmen und einkommensstarke Haushalte stehen ebenso zur Debatte wie der Vorschlag, bestimmte Branchen stärker zu regulieren. Angesichts der Pandemie würden diese Maßnahmen „wahrscheinlich eher behutsam als schnell und aggressiv“ umgesetzt werden, heißt es von ING. Da sich 2021 der Fokus auf Wachstum und die Wiederherstellung verlorener Arbeitsplätze richten wird, könnten Steuererhöhungen möglicherweise bis 2022/23 verschoben werden. Auch dieser Vorschlag könnte jedoch an den Parteidifferenzen scheitern.

Abonnieren Anmelden
Zur PLATOW Börse