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Iran: Handelssanktionen im Wandel

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Die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen mit dem Iran steht für viele Unternehmen weit vorne auf ihrer Prioritätenliste. Das neuerliche Interesses folgt aus dem am 14.7.2015 vereinbarten ‚Joint Comprehensive Plan of Action‘, kurz „JCPOA"". Darin sagt der Iran zu, sein Atomprogramm einzuschränken. Im Gegenzug versprechen die anderen Vertragsparteien (die sog. „5 + 1 Mächte"", d.h. USA, UK, China, Frankreich, Russland und Deutschland sowie die EU) die Lockerung bestehender Wirtschaftssanktionen. Till Müller-Ibold von Cleary Gottlieb Steen & Hamilton fasst die gegenwärtigen Entwicklungen der Sanktionen gegen den Iran zusammen.

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Die 5+1 Mächte einigten sich mit dem Iran am 14.7.2015 auf einen Kompromiss (JCPOA). Der Iran sagt darin konkrete Maßnahmen zu, die sicherstellen, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich zivilen Zwecken dient. Im Gegenzug versprechen die 5+1 Mächte, dass bestimmte Sanktionen gegen das Nuklearprogramm des Iran zunächst ausgesetzt und später ganz aufgehoben werden. Von zentraler Bedeutung ist der vereinbarte Zeitplan. Der erste wichtige Schritt nach Abschluss und Wirksamwerden der Vereinbarung erfolgte am 18.10.2015, dem „Adoption Day““, an dem die EU die Rechtsakte zur Aussetzung der Sanktionen bereits erließ. Diese werden aber erst am „Implementation Day““ wirksam. Auch die U.S. Regierung hat am 18.10. verschiedene „sanctions waivers““ zu secondary sanctions beschlossen, die ebenfalls erst am „Implementation Day““ wirksam werden.

„Implementation Day““ ist der Tag, an dem die International Atomic Energy Agency („IAEA““) bestätigt, dass Iran seine bis dahin zu erfüllenden Verpflichtungen umgesetzt hat. Bis dahin wird noch etwas Zeit vergehen, der Implementation Day wird vermutlich im ersten Quartal 2016 liegen, möglicherweise noch vor den Ende Februar anstehenden Wahlen im Iran. Auf den Implementation Day folgt spätestens am 18.10.2023 der „Transition Day““. Dann fallen weitere „nukleare““ Sanktionen gegen den Iran weg. Weder die EU noch die Vereinigten Staaten sind verpflichtet, alle Iran Sanktionen auszusetzen oder abzuschaffen. JCPOA betrifft „nukleare““ Sanktionen, so dass die von der EU als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen verhängten Sanktionen bestehen bleiben. Von den U.S. Sanktionen bleiben die so genannten „primären““ Sanktionen bestehen.

Die EU setzt am Implementation Day u.a. folgende „nukleare““ Sanktionen aus: die Beschränkungen im Zahlungsverkehr mit Iran und die Beschränkungen hinsichtlich von Bank- und Versicherungsdienstleistungen, einschließlich von Exportkrediten und ihrer Absicherung. Die Einfuhr und der Transport von iranischem Öl, Gas und petrochemischen Produkten wird zulässig, ebenso wie Investitionen in die Öl-, Gas- und petrochemische Industrie Irans sowie der Export von Gütern und Schlüsseltechnologien für diese Industrie. Auch die Beschränkungen gegenüber der Schifffahrtsindustrie werden ausgesetzt. Gleichzeitig wird die Liste der sanktionierten Personen und Einrichtungen (deren Wirtschaftsgüter eingefroren waren) stark verkürzt.  Andererseits bleiben einige Sanktionen im Zusammenhang mit Menschenrechten und der Nichtverbreitung von Nukleartechnologie in Kraft, so zum Beispiel der „asset freeze““ hinsichtlich von bedeutenden iranischen Unternehmen wie Ansar Bank, Bank Saderat, die Aerospace Industries Organisation. Auch die Sanktionen gegen die Iranischen Revolutionsgarden werden nicht ausgesetzt. Gleichzeitig setzen die US-Behörden eine Reihe von „secondary sanctions““ aus. Diese drohen „non-US persons““ an, selbst als „sanctioned person““ behandelt zu werden, wenn sie nicht bestimmte Aktivitäten gegenüber dem Iran unterlassen. Durch „general waivers““ wird es Nichtamerikanern ermöglicht, vor allem die Handelsbeziehungen einzugehen, die auch die EU wieder erlaubt, einschließlich der Aufnahme des Zahlungsverkehrs mit iranischen Banken, der Abwicklung von Bank- und Versicherungsdienstleistungen, des Transports von iranischem Öl, Gas und petrochemischen Produkten und der Investitionen in die Öl-, Gas und petrochemische Industrie Irans. Gleichzeitig wird die Liste der sanktionierten Personen und Einrichtungen verkürzt. Andererseits bleiben „primäre““ Sanktionen (solche, die US persons beachten müssen) in Kraft. Insbesondere die Abwicklung von Transaktionen mit Iran auf US-Dollar Basis bleibt deshalb unzulässig (weil Zahlungsströme über Konten von US-Banken laufen, denen auf Grund der primären Sanktionen US-Dollar-Transaktionen mit dem Iran verboten sind).

Die 5 + 1 Mächte trieb die Sorge um, Iran könne versuchen, die Umsetzung des JCPOA hinauszuschieben oder bestimmten Pflichten nicht nachkommen. Daher regelt das JCPOA einen politischen Streitbeilegungsmechanismus, der die einseitige Rückkehr zu Sanktionen durch eine Partei ermöglicht. Jede Partei kann eine (behauptete) wesentliche Verletzung des JCPOA dem UN-Sicherheitsrat vorlegen. Der Sicherheitsrat kann entscheiden, dass keine Verletzung vorliegt. Trifft er hingegen keine Entscheidung (und jedes ständige Mitglied des Sicherheitsrats kann durch sein Veto eine Entscheidung verhindern), sind die EU und die Vereinigten Staaten berechtigt, ihre Sanktionen wieder in Kraft zu setzen („snap-back““). Kommt es zum Snap-back, treten die ausgesetzten Sanktionen wieder in Kraft. Allerdings hat die EU angekündigt, Wirtschaftsteilnehmern einen gewissen Vertrauensschutz zu gewähren: „Im Falle der Wiedereinführung von Sanktionen der Union wird für angemessenen Schutz bei der Ausführung der Verträge gesorgt, die nach Maßgabe des JCPOA zu einem Zeitpunkt geschlossen wurden, als die Sanktionen außer Kraft waren““. Vergleichbare klare Signale der US-Regierung fehlen bisher.

 

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