Banken

Keine Angst vor Neuem – Loan-to-Own-Transaktionen

Im Kern gesunde, aber stark verschuldete Unternehmen werden immer häufiger im Zuge so genannter Loan-to-Own-Transaktionen saniert. Christoph Schauenburg, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, und Andreas Rimkus, Head of Restructuring and Debt Advisory der IKB Deutsche Industriebank, erläutern im Gespräch mit PLATOW, weshalb sich solche Transaktionen auch in Deutschland durchsetzen und sie für Unternehmen eine große Chance zur nachhaltigen Sanierung bedeuten.

19. März 2013

Die Medien berichten regelmäßig über Unternehmen, die durch Loan-to-Own-Transaktionen und daran beteiligte Investoren gerettet werden. Wie funktioniert das genau?

Rimkus: Es handelt sich um eine Restrukturierungstechnik aus dem angelsächsischen Raum. Stark verschuldete Unternehmen werden gerettet, indem Gläubiger ihr Fremdkapital in Eigenkapital umwandeln, so dass eine Entschuldung erzielt wird. Häufig muss dem Unternehmen dabei auch neue Liquidität zugeführt werden, etwa um die leistungswirtschaftliche Restrukturierung zu finanzieren. In Deutschland scheuen sich traditionell aufgestellte Banken aus verschiedenen Gründen davor, ihre Forderungen in Eigenkapital am Unternehmen umzuwandeln und sind leider oft nicht bereit, an solchen Transaktionen aktiv mitzuwirken. Andererseits haben sich bestimmte Investoren auf die Umsetzung genau solcher Sanierungen spezialisiert: Sie erwerben im Sekundärmarkt Kredite oder Anleihen mit dem Ziel, eine Loan-to-Own-Transaktion umsetzen. Sobald sie eine einflussreiche Gläubigerposition erreicht haben, starten sie diesen Prozess.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, eine solche Transaktion umzusetzen?

Schauenburg: Wann immer möglich, wird versucht, die Transaktion einvernehmlich durch Einigung der wichtigsten Beteiligten – also der Unternehmen, Kreditgeber und Gesellschafter – umzusetzen. Bei Unternehmen mit wenigen Gesellschaftern werden in der Regel bestehende Gesellschaftsanteile an die Gläubiger übertragen. Bei börsennotierten Gesellschaften dagegen ist die Umsetzung angesichts des großen Aktionärskreises komplexer: Hier wird nach einer Herabsetzung des Grundkapitals eine Kapitalerhöhung durch Einlage der Verbindlichkeiten – also eine Sacheinlage – durchgeführt, wodurch die Gläubiger neue Aktien erhalten. Die Umsetzung führt je nach Gestaltung zu diversen rechtlichen Fragen. Erzielen die Parteien kein Einvernehmen über die Sanierung, kann deren Umsetzung unter Umständen erzwungen werden – indem etwa Pfandrechte vollstreckt oder ausländische Sanierungstechniken genutzt werden. Ferner kann die Transaktion innerhalb eines Insolvenzverfahrens umgesetzt werden, was durch jüngste Gesetzesänderungen noch erleichtert wurde.

Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem für Deutschland neuen Instrument bereits gemacht?

Rimkus: Es gibt in der Praxis unterschiedliche Erfahrungen. Erfolgskritisch sind eine ausreichende Entschuldung des Unternehmens sowie die „handwerklich“ saubere Umsetzung. Häufig werden aber die Krisenursachen im operativen Bereich des Unternehmens unterschätzt. Was wir auch immer wieder beobachten: Bei Verhandlungen wird die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens überschätzt, so dass die Verschuldung nach der Transaktion zu hoch bleibt. In einigen Fällen konnte den Gläubigern beispielsweise kein ausreichender Forderungsverzicht abgerungen werden. Das rächt sich später, wenn anstatt des erhofften Neustarts eine weitere Restrukturierungsrunde erforderlich wird. Eine realistische und belastbare Unternehmensbewertung, die Ermittlung einer nachhaltig tragfähigen Kapitalstruktur sowie gute Überzeugungsarbeit bei den Stakeholdern sind meiner Meinung nach entscheidend für eine erfolgreiche Transaktion.

Was sind Ihre Erwartungen: Gehören Loan-to-Own-Transaktionen bald zum „Standard“ in Deutschland?

Schauenburg: Transaktionen dieser Art sind in Deutschland noch relativ jung. Mittlerweile gibt es aber ausreichend Beispiele, die belegen, dass sie trotz der Vielzahl an auftretenden Rechtsfragen auch hier umsetzbar sind. Bei einigen Themen besteht im deutschen Recht weiterhin Verbesserungspotenzial, z. B. bei der Werthaltigkeitskontrolle bei Sacheinlagen.

Rimkus: Es gibt in Deutschland eine Vielzahl an stark verschuldeten Unternehmen mit gesundem Kern, für die eine solche Restrukturierung eine sinnvolle Option darstellen würde. Auch seitens der Investoren spüren wir großes Interesse, bei Loan-to-Own-Transaktionen aktiver zu werden. Management, Gesellschafter und andere Stakeholder sollten das als Chance für die Rettung von Unternehmen begreifen. Viele der Beteiligten stehen solchen Investoren kritisch oder gar ablehnend gegenüber, obwohl in der Regel sie es sind, die eine nachhaltige Sanierung anstreben und eine komplexe Transaktion auch umsetzen können. Ich gehe davon aus, dass in Deutschland zukünftig vermehrt „Loan to Own“ zum Einsatz kommen wird. In bestimmten Sanierungssituationen sind die Vorzüge für das Gros der Stakeholder einfach nicht von der Hand zu weisen.

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