Banken

Komplexes Produkt ohne Bedienungsanleitung

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Zusammen mehr als 40 Jahre Berufserfahrung in internationalen Großkanzleien und einem DAX-Konzern warfen Reinhard Hermes und Rolf Giebeler vor gut einem Jahr in den Ring und gründeten ihre eigene Kanzlei Hermes & Giebeler. Doch sie bieten nicht nur Rechtsberatung im engeren Sinne, sondern setzen schon einen Schritt früher an: Sie begleiten Mandanten auch bei der Suche nach der idealen Kanzlei. Wie man Effizienz in einen von Natur aus eher ineffizienten Markt bringt, darüber hat PLATOW Recht mit Hermes und Giebeler gesprochen.

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Wie kamen Sie auf die Idee, Mandanten bei der Wahl der für sie „richtigen“ Kanzlei zu unterstützen?

Giebeler: Rechtsberatung, so wie große Kanzleien sie anbieten, ist ein hochkomplexes Produkt, das in der Regel ohne Bedienungsanleitung an den Mandanten kommt. Nehmen Sie z. B. einen Mittelständler, der in der Vergangenheit von seinem örtlichen Anwalt beraten wurde. Nun will dieses Unternehmen eine Tochtergesellschaft verkaufen, hat sich umgehört und am Ende für eine große Transaktionskanzlei entschieden. Nun hat der Mandant aber keine Ahnung, wie er diesen komplexen Mechanismus führen muss, um am Ende eine hochwertige Beratung zu einem dafür angemessenen Preis zu bekommen. Wenn die Kanzlei nicht zum Mandanten passt, wird der Mandant auch nicht die für ihn beste Beratung erhalten. Das ist der Punkt, an dem wir angesetzt haben. Das betrifft aber nicht nur kleinere Unternehmen, sondern auch große Konzerne.

Mit diesem Ansatz machen Sie sich doch bestimmt nicht nur Freunde in der Kanzleiwelt. Welche Erfahrungen haben Sie hier in Ihrem ersten Jahr gemacht?

Hermes: Erstaunlicherweise ist die Resonanz weitgehend positiv. Die meisten Kanzleien haben erkannt, dass wir nicht als Kostendrücker in den Markt gekommen sind. Unser Ansatz ist es ja vielmehr, den richtigen Match zwischen Anwalt und Mandant zu finden. Kostendrücken steigert nicht die Qualität, aber Qualitätssteigerung senkt die Kosten. Dabei steht für uns außer Frage, das gute juristische Arbeit auch ihren Preis hat. Unsere Erfahrung bisher zeigt, dass die Kanzleien uns eher als Chance denn als Gefahr sehen.

Wie kostengetrieben ist denn heute die Mandantenseite?

Giebeler: Der Kostendruck ist schon gestiegen, allerdings nicht überall gleich stark. So spielen die Anwaltskosten bei Transaktionen eine wichtige, aber keine herausragende Rolle. Es gibt ein Budget und wenn dieses realistisch ist und die Kanzlei im Kostenplan bleibt, ist alles in Ordnung. Wichtiger sind die Kosten dagegen bei laufenden Beratungsmandaten.

Inwieweit kommt der Kostendruck bei den Kanzleien an?

Hermes: Der Druck auf die Stundensätze ist gestiegen; doch das hat bislang kaum Folgen für die Ertragslage der Spitzenkanzleien. Ein Grund ist sicherlich auch das noch verbreitete traditionelle Verständnis von der Rolle des Anwalts, der gemeinsam mit dem Mandanten gegen die andere Seite kämpft. Da besteht eine Hemmung, über den Preis zu feilschen. Dieses Verständnis beginnt sich aber zu drehen. Der
Anwalt wird zunehmend auch als Dienstleister wahrgenommen. Große Sozietäten sind Wirtschaftsunternehmen mit Millionenumsätzen und werden entsprechend geführt. Umgekehrt müssen sich die Kanzleien dann
aber auch wie Dienstleister behandeln lassen.

Giebeler: So gut wie alle Großkanzleien arbeiten mit dem Modell Kosten plus Marge. Die Marge bemisst sich danach, wie viel die Partner am Ende des Jahres verdienen wollen. Dass dieses Grundgeschäftsmodell noch funktioniert, sieht man auch daran, dass insbesondere im M&A-Geschäft die Nachfrage nach Rechtsberatung in den vergangenen drei Jahren geradezu eingebrochen ist, die Gewinne der Kanzleien sich jedoch kaum verändert haben. Dieser Ansatz bietet für die Kanzleien überhaupt keinen Anreiz, effizient zu arbeiten. Je mehr Stunden für ein Mandat berechnet werden können, umso mehr bleibt beim Anwalt hängen. Und auch, wenn ein Mandat nicht so viel hergibt, besteht unverändert der Umsatzdruck auf Partner und Associates. Wenn es dann allein im Ermessen der Kanzlei liegt, mit welchem Aufwand einzelne Punkte der Transaktion unter die Lupe genommen werden, stellen sich leicht Ineffizienzen ein. Wo nicht genug Arbeit vorhanden ist, wird Arbeit geschaffen.

Wie helfen Sie ihren Mandanten, damit umzugehen?

Hermes: Zunächst einmal sollten Mandanten einen eindeutigen Auftrag geben. Das heißt aber auch, dass sich der Mandant darüber im Klaren sein muss, was er braucht. Wir überlegen uns also gemeinsam: Was steht an und welche juristische Beratungsleistung wird dafür benötigt? Dann können wir im nächsten Schritt potenziell in Frage kommende Kanzleien auswählen. Diese Liste bietet die Grundlage für einen strukturierten Auswahlprozess, in dem sich die Kanzleien dem Mandanten präsentieren. Wir raten unseren Mandanten, sich lieber weniger Kanzleien anzuschauen, diese dann aber persönlich kennenzulernen. Entscheidend ist, dass der Mandant den Auswahlprozess steuert; auch, damit eine Vergleichbarkeit gegeben ist. Bleiben am Ende zwei Kanzleien übrig, sollte das Bauchgefühl entscheiden. Fühlt sich ein Mandant mit einer Kanzlei wohl, wird er am Ende auch mit der Leistung zufrieden sein.

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