Krypto an der Kasse – Einzelhändler SPAR startet Pilotprojekt in der Schweiz
In den Schweizer SPAR-Filialen können Kunden künftig mit Bitcoin zahlen. Was sich der Handelskonzern davon erhofft und was Banken und Anbietern von Zahlungskarten droht.

Bei der Handelskette SPAR in der Schweiz können Kunden seit kurzem ihre Einkäufe mit Bitcoin, Ethereum und Stablecoins bezahlen. Hinter dem Projekt stehen das Fintech DFX.swiss und die Kryptobörse Binance. Was sich zunächst wie ein Testlauf für Kryptofans anfühlt, könnte die Zahlungsgewohnheiten schon sehr bald drastisch verändern. Für die Banken entscheidend ist, wie schnell Kunden solche Angebote annehmen und wieviel Zeit ihnen bleibt, darauf zu reagieren.
Start im Schweizer „Crypto Valley“
Dass das Pilotprojekt in SPAR-Filialen im Kanton Zug startete, überrascht kaum: Das sogenannte „Crypto Valley“ ist schon seit 2013 Heimat zahlreicher Blockchain-Unternehmen und -Start-ups und bezeichnet sich heute als das größte Blockchain- und Krypto-Ökosystem der Welt. Auch viele Einwohner besitzen bereits digitale Assets – ein Faktor für den erfolgreichen Start. In den ersten Wochen sind laut der Handelskette „Dutzende Transaktionen“ durchgeführt worden, vor allem von jüngeren und technikaffinen Kunden. Dass hier ein Bedarf besteht, sei den Kassierern und Händlern zuvor von der Kundschaft gespiegelt worden. „Viele wünschen sich moderne und gebührenärmere Alternativen zu Kreditkarten. Für uns war das ein Signal, Krypto-Zahlungen im Alltag verfügbar zu machen“, sagt Cyrill Thommen, Gründer und Geschäftsführer von DFX.swiss. Die Option werde inzwischen täglich genutzt und man sehe einen klaren Aufwärtstrend.
Nun folgt der flächendeckende Rollout: 100 Schweizer Filialen bieten bereits Krypto-Zahlungen an, eine Ausweitung auf 300 Standorte ist geplant. Kryptowährungen und Stablecoins tauchen damit nicht mehr nur im Onlinehandel auf, sondern direkt an der Supermarktkasse: „Sie entwickeln sich vom Nischenprodukt zum alltäglichen Zahlungsmittel. Der eigentliche Erfolg ist, das alte Narrativ zu brechen, wonach Bitcoin nur Spekulation sei“, ist Thommen überzeugt.
Die technische Umsetzung ist einfach und ähnelt Mobile-Payment-Diensten wie Twint: An der Kasse scannen Käufer einen QR-Code von DFX.swiss und wählen über die Binance Pay App – oder andere kompatible Wallets – aus mehr als 100 digitalen Währungen. Die Umwandlung in Schweizer Franken erfolgt automatisch, SPAR erhält den Betrag in Fiatwährung. Für Händler liegt der Vorteil auf der Hand: Sie sparen Gebühren und treten modern auf. „Händler sparen im Vergleich zu Kartenzahlungen rund zwei Drittel der Kommissionsgebühren“, erklärt André Scherrer, Geschäftsführer SPAR Schweiz.
Für Verbraucher bleibt der Nutzen dagegen begrenzt. Zwar können sie ihre Coins direkt ausgeben, jedoch fallen Wechselgebühren an und der Umgang mit Wallets erfordert technisches Wissen. „Die Nachfrage konzentriert sich bislang auf Krypto-Enthusiasten“, sagt Nils Urbach, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Frankfurt University of Applied Sciences.
Druck auf die Banken nimmt zu
Für Banken bedeutet diese Entwicklung, dass Teile der Zahlungsabwicklung an Fintechs ausgelagert werden. Da Händler weiter in Schweizer Franken abrechnen, bleiben Institute zwar eingebunden, doch langfristig könnte der Druck steigen, eigene Wallet- und Blockchain-Lösungen zu entwickeln, um die Kundenschnittstelle nicht zu verlieren, glaubt Urbach.
Das Schweizer Projekt könnte auch in Deutschland Signalwirkung entfalten, wo es bislang keine vergleichbaren Krypto-Angebote im Lebensmitteleinzelhandel gibt. „Für Supermärkte ist die größte Herausforderung, dass die Nachfrage vermutlich zunächst gering bleibt und die Integration zusätzliche Komplexität schafft“, erklärt der Wirtschaftsinformatiker. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Umfrage: 56% der deutschen Privatanleger nutzen Kryptowährungen oder planen dies – ein Hinweis darauf, dass das Kundeninteresse schnell wachsen könnte.