Paul Achleitner – ungeliebt und schwer ersetzbar
Sewing hat mit dem Abblasen der Fusionsverhandlungen mit der Commerzbank Rückgrat bewiesen. Nicht nur gegenüber der Politik und dem eigenen Großaktionär Cerberus, sondern auch gegenüber Achleitner, die allesamt Befürworter eines Zusammengehens mit der Commerzbank waren. Vor wenigen Wochen erst hatte Achleitner die Deutsche Bank als „too small to scale“ bezeichnet und eine Fusion zumindest als volkswirtschaftlich sinnvoll bezeichnet. Er hätte die Hochzeit mit der Commerzbank nach vielen gefühlt verlorenen Jahren an der Spitze des AR als Befreiungsschlag verkaufen können. Jetzt kommt es anders. Sewing hat das Zeug, zum Retter der Bank aufzusteigen und Achleitner die Show zu stehlen.
Es gibt durchaus Potenzial: Weitere Kostensenkungen könnten nach dem gerade abgewendeten Blutbad einer blau-gelben Fusion stärker ausfallen als ursprünglich geplant. Die Integration der Postbank wird, wenn sie eines Tages abgeschlossen sein wird, Kräfte freisetzen. Und die effizientere Nutzung der mit rd. 250 Mrd. Euro unnötig hohen Liquidität könnte nach Berechnungen von Investoren den Gewinn auf einen Schlag um bis zu 800 Mio. Euro erhöhen (s. PLATOW v. 28.1.). All das dauert, wie sich schon am bescheidenen Jahresziel von 4% EK-Rendite ablesen lässt, das vom Markt trotz des gar nicht mal so schlechten Q1 (67% Gewinnplus trotz schwacher Investmentbank und Bankenabgabe) flugs angezweifelt wird. Zeit hat zwar auch Sewing nicht unbegrenzt. Achleitner indes bleibt im Moment nur abzuwarten und zu hoffen, dass Sewings Kurs verfängt. Sorgen um seinen eigenen Posten muss er sich indes kaum machen. Hat Sewing Erfolg, war es Achleitner, der ihn auf den Thron gehoben hat. Falls nicht, wird es ohnehin schwierig, einen neuen Oberaufseher von Format für die Deutsche Bank zu finden.