Banken

Ratingagenturen sollen für Fehleinschätzungen haften

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Das EU-Parlament unterstützt die Brüsseler Pläne, den Einfluss der Ratingagenturen zu beschneiden. Der zuständige Ausschuss sprach sich am 19. Juni dafür aus, die Agenturen in Zukunft für Fehleinschätzungen zivilrechtlich haften zu lassen, er wich aber in einigen anderen Punkten vom ersten Entwurf der EU-Kommission ab.

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Diese hatte im November 2011 einen Vorschlag zur Verschärfung der Vorschriften für die Kreditratingagenturen vorgelegt. Um die Unabhängigkeit der Agenturen zu stärken, schlägt die Kommission u. a. eine Rotationspflicht vor, nach der Unternehmen die von ihnen beauftragte Ratingagentur alle drei Jahre wechseln sollen. Die Ausschussmitglieder im Parlament sprachen sich nun für eine weniger strenge Regelung aus. Danach soll die Rotationspflicht nur für Anbieter strukturierter Finanzprodukte gelten und nur alle fünf Jahre greifen. „Eine solche Beschränkung wäre sachgerecht“, so Harald Kuhn, Partner bei Bödecker, Ernst & Partner, „denn der weitreichende Vorschlag der Kommission würde in der Praxis den Aufwand für die Auswahl und Einbindung der Agenturen erheblich erhöhen.“

Genauer hinschauen wollen die Parlamentarier bei Interessenkonflikten. So sollen Unternehmen oder Banken Ratingagenturen, an denen sie zu mehr als 2% beteiligt sind oder auf die sie in anderer Weise signifikanten Einfluss haben, nicht mehr beauftragen dürfen. „In der Praxis dürfte es hier z. T. schwierig werden festzulegen, wann ein erheblicher Einfluss vorliegt“, so Kuhn weiter.

Im Punkt Haftung für Fehleinschätzungen gehen die Vorstellungen der Parlamentarier ebenfalls noch über die der Kommission hinaus: Klageberechtigt sollen nicht nur Anleger, sondern auch Emittenten sein. Außerdem soll eine Beweislastumkehr gelten. „Danach müsste die Agentur beweisen, dass sie weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt oder dass sich ein Verstoß nicht auf das Rating ausgewirkt hat. Dieser Nachweis wird für eine Agentur meist schwer zu führen sein“, prognostiziert Kuhn. „In der Folge wäre zu erwarten, dass Agenturen angesichts der Haftungsrisiken gegenüber den Anlegern eher zu vorsichtigeren Ratings tendieren.“

Bei den Länderratings fordert der Ausschuss, dass die Agenturen zum Jahresende fixe Termine für die Veröffentlichung nennen sollen. Damit soll verhindert werden, dass unangekündigte Ratings die Märkte beunruhigen oder die Politik beeinflussen. Der ursprüngliche Vorschlag, Staaten-Ratings in bestimmten Situationen ganz auszusetzen, ist damit vom Tisch.

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