Russland-Auszug der Großkanzleien
An deutlichen Stellungnahmen gegen Putins Kriegstreiberei und Bekenntnissen zum westlichen Sanktionsregime fehlte es in den vergangenen Wochen nicht. Die Beratungsarbeit für staatliche oder staatsnahe russische Mandanten ist vorbei und kommt nicht wieder. Manche Kanzleien schließen russische Neumandanten inzwischen sogar kategorisch aus, etwa die deutschen Flaggschiffe Hengeler Mueller und Gleiss Lutz. Vielen geht es bei alledem auch darum, ein Zeichen zu setzen.
Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Andere Kanzleien, darunter die deutschen Mittelstandsberater von Rödl & Partner oder Advant Beiten, bleiben erst einmal in Russland präsent. Auf seine Art ist das ebenso folgerichtig wie die Gangart der Großkanzleien. Denn die großen angelsächsischen Player haben seit den 1990er Jahren im Osten zwar gutes Geld verdient – Namen wie Gazprom, Rosneft, Sberbank, VTB und diverse Oligarchen tauchen auf etlichen Mandatslisten auf.
Dabei ging es aber meistens um Projekte, wie man sie so schnell nicht wieder sehen wird: große M&A-Transaktionen, Joint Ventures, Börsengänge und Finanzierungen. Ohne solche Mandate bringt ein Moskauer Büro diesen Kanzleien nicht viel. Was dort für Klienten aus Europa, Asien und Amerika zu tun bleibt, lässt sich auch von anderen Standorten aus erledigen, solange man genügend Russlandexperten im Haus hat.
Die russischen Anwälte von Rödl, Beiten und Co. dagegen begleiten vor allem den Alltagsbetrieb westlicher Mittelstandsunternehmen vor Ort. Für diese Mandanten geht es nun darum, in einer sehr unübersichtlichen Phase nichts falsch zu machen, den Rückzug zu ordnen oder die eigenen Assets frostsicher für einen neuen kalten Krieg einzulagern. „Deutsche Mittelständler sind krisenerprobt und denken nicht in Quartalsbilanzen, sondern langfristig“, erklärt Rödl-Rechtschef José Campos Nave. Das färbt natürlich auch auf die Berater ab – solange es eben geht.