Solaris – Wie realistisch sind die Wertansätze des Vorstands?
Das Berliner Fintech Solaris ist endgültig gerettet. Wie das Management am Freitag in einem Brief an Altinvestoren schrieb, erhält Solaris insgesamt 140 Mio. Euro von Investoren, davon rund 80 Mio. Euro in Form einer Kapitalerhöhung. Der Brief liegt PLATOW vor. Den größten Brocken des Investments wird der japanische Investor SBI stemmen, der dadurch mehr als 75% der Anteile halten wird. Ehemalige Investoren wie HV Capital und Finleap dürften nahezu komplett leer ausgehen und erhalten gerade einmal 0,10 Euro je Anteil. Solaris wollte das nicht kommentieren.
Nach der Rettung stellt sich aber nun die große Frage: Und jetzt? Geht es nach dem Management, könnte Solaris schon bald wieder 900 Mio. Euro oder mehr wert sein. In ihrem Schreiben überschlägt das Board mögliche Erlöse bei einem Exit in den kommenden fünf Jahren und zeigt auf, wer dabei abkassieren könnte. Demnach würden die Investoren der aktuellen Finanzierungsrunde besonders stark profitieren, während Altinvestoren erst am Ende die Möglichkeit auf einen Erlös hätten.
Doch Kenner des Unternehmens bezweifeln, ob eine solche Bewertung kurzfristig überhaupt realistisch ist. Immerhin machte Solaris zuletzt – inklusive einer größeren Abschreibung – rund 178 Mio. Euro Verlust, bei 137 Mio. Euro Umsatz. Zudem musste das Fintech vor der Rettungsaktion mit diversen Rückschlägen kämpfen, die auch jetzt noch nachhallen. So verließen große Kunden wie Trade Republic oder Vivid Money das Unternehmen, wodurch Solaris teils hunderttausende Konten verlor, die auch mit der neuen Finanzspritze nicht zurückkommen. Mehrere mit der Firma vertraue Personen schätzen, dass der ADAC der derzeit noch größte Kunde des Unternehmens ist, während andere Deals wie der mit der Kryptobörse Bitpanda oder der Neo-bank Tomorrow eher kleiner Natur sind. Die nötigen, großen Umsatzsprünge für eine Milliarden-Bewertung dürfte es damit nicht geben.
Will Solaris sein Geschäft und die Größe der Belegschaft nicht radikal zusammenkürzen, muss das Fintech schnell neue Kunden gewinnen. Das aber dürfte auch aufgrund von Konkurrenten wie Swan, das gerade erst eine neue Millionen-Finanzierung an Land ziehen konnte, zunehmend schwierig werden. Noch dazu kommt der Reputationsschaden, den Solaris im Verlauf des Rettungs-Dramas erlitten hat, und der Umstand, dass die Verkaufszyklen im Banking-as-a-Service-Geschäft eher mehrere Monate dauern. Ein Kenner der Szene, der anonym bleiben wollte, fasst die Lage so zusammen: „Wie die Firma nach all dem schon bald wieder wachsen will, ist mir völlig unklar.”