Kreditabbau

Sparkasse Rhein-Nahe schrumpft nach Kreditmisere drastisch

Vor der Zinswende fiel die Sparkasse mit einem hohen Risikoappetit auf – nach horrenden Wertverlusten ist nun Diät angesagt. Die neusten Zahlen belegen einen raschen Kurswechsel.

Jan Schrader,
Sparkassen-Chef Holger Wessling (rechts) kam 2023 als Aufräumer von der apoBank. Außerdem im Bild (von links): Vizechef Steffen Roßkopf, Vertriebsdirektor Kai Wilhelm und Vorstand Jörg Brendel.
Sparkassen-Chef Holger Wessling (rechts) kam 2023 als Aufräumer von der apoBank. Außerdem im Bild (von links): Vizechef Steffen Roßkopf, Vertriebsdirektor Kai Wilhelm und Vorstand Jörg Brendel. © Sparkasse Rhein-Nahe

Der Appetit der Sparkasse Rhein-Nahe auf riskante Geschäfte war einst auffällig hoch: Von einem „Projektgeschäft im Wohn-, Gewerbe- und städtebaulichen Bereich“ in Abgrenzung zum „üblichen Leistungsangebot der Sparkassen“ schwärmte der damalige Vorstandsvorsitzende Peter Scholten noch im Oktober 2021. Im Juni 2022 empfahl sich das Institut als „Kompetenzzentrum“ für großvolumige strukturierte Finanzierungen, um im Schulterschluss mit anderen Sparkassen oder Genossenschaftsbanken den Groß- und Landesbanken die Stirn zu bieten, etwa bei M&A. Damals war von 23 Großprojekten die Rede.

Große Ambitionen sind heute am Sitz in Bad Kreuznach passé. Nun ist „Abbau von Risikopositionen“ angesagt, wie es im aktuellen Jahresabschluss heißt. Zwischen damals und heute liegt die Zinswende und eine horrende Kreditrisikovorsorge von 123 Mio. Euro im Jahr 2023. An der Spitze der Sparkasse steht heute Holger Wessling, der 2023 von der apoBank aus dem Lager der Kreditgenossen zu der Sparkasse stieß, während Scholten in den Ruhestand ausschied.

Kehraus in Bad Kreuznach

Die Schrumpfkur verläuft rasch: Im vergangenen Jahr kürzte die Sparkasse die Bilanz um 607 Mio. Euro auf 5,4 Mrd. Euro. Damit steht das Institut auf Rang 83 der deutschen Sparkassen. Vor allem der Kreditbestand an Firmenkunden sank deutlich, und zwar um 420 Mio. Euro auf 2,4 Mrd. Euro. Weil somit weniger Risikopositionen in der Bilanz liegen, stieg die harte Kernkapitalquote von 12,7% auf 14,2%, nachdem sie im Vorjahr deutlich gefallen war.

Das Vorjahr 2023 war turbulent verlaufen. Die Sparkasse absolvierte den Turnus nur deshalb mit einer schwarzen Null, weil sie eine Steuergutschrift von 33 Mio. Euro verbuchte und 52 Mio. Euro aus dem Fonds für allgemeine Bankrisiken entnahm.

Sparkasse als Immobilienhaus

Wo die Verluste im Jahr 2023 konkret anfielen, geht aus dem damaligen Abschluss nicht hervor. Die Abschlussprüfer hoben aber als „besonders wichtigen Prüfungssachverhalt“ die „Bewertung von größeren, risikobehafteten Kreditengagements von Firmenkunden mit höheren Blankoanteilen“ hervor.

Auch taucht die Sparkasse mit 35 Mio. Euro auf der Liste der Geldgeber der insolventen Signa-Gruppe auf, wie im vergangenen Jahr in diversen Medien zu lesen war. Von der zuvor gebildeten Risikovorsorge hat die Sparkasse im vergangenen Jahr 106 Mio. Euro verbraucht. Neben dem Kreditengagement fallen auch etliche Beteiligungen an regionalen Immobilienprojektfirmen auf.

Ein Stück Normalität

Die Ergebnisrechnung sieht nun besser, wenn auch nicht gut aus: Die Kreditrisikovorsorge sank auf 27 Mio. Euro, der Verwaltungsaufwand blieb mit 84 Mio. Euro nahezu stabil, Zins- und Provisionsüberschuss lagen in Summe mit 122 Mio. Euro leicht unter Vorjahr. Der Jahresüberschuss fiel mit 1,5 Mio. Euro aber noch gering aus, die Aufwand-Ertrag-Relation ist mit 67,1% eher hoch. Im laufenden Jahr will die Sparkasse die Bilanz auf 5,0 Mrd. Euro verkürzen und die Kosten nur moderat steigen lassen.

Die Zahl der Geschäftsstellen reduzierte die Sparkasse im Jahr 2024 um 8 auf 33, wie uns bereits im April aufgefallen war. Die Zahl der Beschäftigten ging um 25 auf 684 zurück. Wessling ist als Aufräumer gekommen.

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