Spin-off – Ein Instrument für alle Fälle?
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Von Vorteil ist, dass ein Spin-off in wesentlich geringerem Umfang von der Verfassung der (Kapital-)Märkte abhängt. Im Rahmen eines solchen Börsengangs werden den Aktionären der Muttergesellschaft die Aktien der Tochter nämlich kraft Gesetzes „automatisch“ (zusätzlich zu ihren Aktien der Muttergesellschaft) in ihr Aktiendepot gebucht, so dass es keines Vermarktungsprozesses bedarf. Ein Spin-off weist jedoch auch eine Reihe von Besonderheiten auf. So führt er zu einer Reduktion der Marktkapitalisierung der Muttergesellschaft, da diese im Rahmen der Transaktion keine Gegenleistung erhält; die Aktien der Tochter werden nämlich den Aktionären der Muttergesellschaft gewährt. Die Verringerung der Marktkapitalisierung kann wiederum Auswirkungen auf die Zugehörigkeit der Muttergesellschaft zu einem bestimmten Aktienindex haben.
Außerdem setzt ein Spin-off zwingend die Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft mit einer Mehrheit von grundsätzlich drei Viertel des in der HV vertretenen Grundkapitals voraus. Das Zustimmungserfordernis der HV bewirkt im Vergleich zu den anderen Optionen eine geringere zeitliche Flexibilität des Spin-offs und führt zudem zu einer Erhöhung des Transaktionsrisikos. Die Beschlussfassung der HV bietet nämlich (Klein-)Aktionären die Möglichkeit, diesen mit Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen anzugreifen. In diesem Fall darf der Spin-off grundsätzlich bis zur Beendigung dieser Verfahren nicht in das Handelsregister eingetragen werden. Die Muttergesellschaft kann diese so genannte „Registersperre“ jedoch durch die erfolgreiche Durchführung eines Freigabeverfahrens beseitigen. Eine Entscheidung im Freigabeverfahren ergeht in aller Regel erst drei bis fünf Monate nach der HV der Muttergesellschaft, so dass eine einvernehmliche Einigung mit den Klägern natürlich vorzugswürdig ist.
Dokumentation und Haftung
Im Vergleich zu einer M&A-Transaktion oder einem „klassischen“ Börsengang ist der Dokumentationsaufwand bei einem Spin-off höher. So sind insbesondere der Abspaltungs- und Übernahmevertrag, der Spaltungsbericht und der Spaltungsprüfungsbericht vorzubereiten. Außerdem wird in der Praxis zusätzlich ein Wertpapierprospekt erstellt. Zwar hat der Gesetzgeber durch die letzte Änderung des Wertpapierprospektgesetzes klargestellt, dass auch eine Abspaltung ohne Wertpapierprospekt durchgeführt werden kann. Jedoch ist nach dem Gesetzeswortlaut ein Prospekt nur dann entbehrlich, wenn „ein Dokument verfügbar ist, dessen Angaben denen des Prospekts gleichwertig sind“. Dazu müsste die Abspaltungsdokumentation jedenfalls um die für einen Wertpapierprospekt charakteristischen Abschnitte Zusammenfassung, Risikofaktoren, ausgewählte Finanz- und Geschäftsinformationen und Darstellung und Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (MD&A) erweitert werden. Dieser Weg wird in der Praxis aber regelmäßig nicht beschritten. Denn selbst bei einer solchen Ergänzung bleibt eine gewisse Rechtsunsicherheit, weil bislang nicht abschließend geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Gleichwertigkeit gegeben ist. Außerdem müsste die Abspaltungsdokumentation bis zum Zeitpunkt der Zulassung der Aktien der Tochtergesellschaft aktualisiert werden. Ferner weisen die Abspaltungsdokumentation und der Wertpapierprospekt eine unterschiedliche Zielrichtung auf. Während die Abspaltungsdokumentation ihren Schwerpunkt auf der Darstellung hat, was mit der Muttergesellschaft passiert, bezieht sich der Wertpapierprospekt ausschließlich auf die abgespaltene Tochtergesellschaft.
Schließlich weist der Spin-off auch unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten Besonderheiten auf. Auf Grund der Nutzung einer Übertragungsform des Umwandlungsgesetzes haftet die Tochtergesellschaft insbesondere für alle vor dem Spin-off begründeten Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft jedenfalls für einen Zeitraum von fünf Jahren im Außenverhältnis mit (so genannte Nachhaftung).
Alternativlösung Sachdividende
Der Spin-off ist folglich nicht in allen Fällen die geeignete Transaktionsform. Wegen seiner geringen „Marktabhängigkeit“ kann er aber im derzeitigen, hochvolatilen Börsenumfeld eine sehr attraktive Alternative darstellen. Zu einem wirtschaftlich ähnlichen Ergebnis wie der Spin-off führt die so genannte Sachdividende, in deren Rahmen die Aktien der Tochter an die Aktionäre der Muttergesellschaft als Dividende ausgeschüttet werden. Eine solche Maßnahme wurde jüngst von der Tipp24 SE im Hinblick auf die Aktien ihrer früheren Tochter Lotto24 AG durchgeführt. Eine Sachdividende setzt aber neben einer entsprechenden Satzungsermächtigung u. a. einen Bilanzgewinn in Höhe des Verkehrswerts der Aktien der Tochter voraus und dürfte daher nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen.
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