Unfreundliche Übernahmen bieten viele Stolperfallen
"Unfreundliche Übernahmeangebote werden in der Regel für Unternehmen abgegeben, die zum Käufer in einer Wettbewerbsbeziehung stehen – sei es in direkter Konkurrenz oder auf Grund einer Lieferbeziehung. Das Zielobjekt kann sich gegen die Übernahme wehren und fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten instrumentalisieren, um entweder Zeit zu gewinnen oder das Übernahmeangebot vollständig aus kartellrechtlichen Gründen scheitern zu lassen. Welche Stolperfallen im Rahmen unfreundlicher Übernahmen zu beachten sind und welche Abwehrmaßnahmen gegebenenfalls in Frage kommen, erläutert Horst Henschen, Counsel bei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom.
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Unfreundliche Übernahmeangebote werden in der Regel für Unternehmen abgegeben, die zum Käufer in einer Wettbewerbsbeziehung stehen – sei es in direkter Konkurrenz oder auf Grund einer Lieferbeziehung. Das Zielobjekt kann sich gegen die Übernahme wehren und fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten instrumentalisieren, um entweder Zeit zu gewinnen oder das Übernahmeangebot vollständig aus kartellrechtlichen Gründen scheitern zu lassen. Welche Stolperfallen im Rahmen unfreundlicher Übernahmen zu beachten sind und welche Abwehrmaßnahmen gegebenenfalls in Frage kommen, erläutert Horst Henschen, Counsel bei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom.
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In ca. 100 Ländern gibt es fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten für die Übernahme von Unternehmen. Die Frage der jeweils konkreten Anmeldepflicht hängt dabei von bestimmten Kennziffern des Käufers sowie des „Targets“ ab. Sehr häufig sind z. B. die jeweiligen Umsätze für das Bestehen einer Anmeldepflicht relevant. Unterbleibt eine erforderliche Anmeldung oder vollzieht der Käufer den Kauf vor „Freigabe“ durch die Behörden, kann dies neben Geldbußen auch die Unwirksamkeit des Anteilserwerbs zur Folge haben. Der Käufer hat bei einer Übernahme die folgenden wesentlichen Ziele:
- wirksamer Erwerb der Anteile,
- schnelle Möglichkeit der Ausübung der Stimmrechte,
- keine Verstöße gegen Vollzugsverbote,
- Sicherung von auf dem Markt befindlichen Paketen,
- zügige Beendigung des Verfahrens.
Die fusionskontrollrechtlichen Vorschriften können für alle genannten Ziele ein Hindernis darstellen.
Klärung von Anmeldepflichten
Vorrangig ist zunächst, die Jurisdiktionen zu identifizieren, in denen eine Anmeldepflicht besteht. Die hierfür erforderlichen Angaben (wie z. B. Target-Umsatz in bestimmten Ländern) sind aber häufig nicht öffentlich verfügbar, sondern können nur vom „Target“ selbst bereitgestellt werden, was es wegen der unfreundlichen Konstellation nicht freiwillig tun wird. Ohne konkrete Umsatzangaben ist es schwierig, die zuständige Behörde zu ermitteln. Die Behörden können zwar Auskunft über diese Umsätze verlangen und so die Anmeldepflicht klären, allerdings ist das zeitintensiv. Die Prüfungsfristen der Behörden beginnen erst ab Einreichung einer vollständigen Anmeldung, aus der sich die Zuständigkeit ergibt. In Europa geht zudem die europäische Fusionskontrollverordnung (FKVO) in ihrem Anwendungsbereich den Regelungen der Mitgliedstaaten vor. Im Zweifel wird der Käufer daher parallel an die EU-Kommission und an einzelne Mitgliedstaaten herantreten müssen.
Zusätzliche Probleme bereiten divergierende Vorschriften über den Erwerb von Anteilen vor kartellrechtlicher Freigabe. Ist die FKVO einschlägig, kann der Käufer auf Grund einer Ausnahmeregelung im Rahmen von öffentlichen Übernahmeangeboten Anteile am „Target“ wirksam erwerben; bis zur abschließenden Freigabe darf er allerdings die Stimmrechte nicht ausüben. Die deutsche Fusionskontrolle kennt eine entsprechende Ausnahme zum Erwerb von Anteilen vor Freigabe ohne Stimmrechtsausübung zwar nicht. Sie hat aber den wesentlichen Vorteil, dass ein Verfahren vor dem Bundeskartellamt in der Regel wesentlich schneller abgeschlossen wird.
Kartellrecht als Abwehrwaffe
Die Prüfungsfristen der Behörden können erheblich länger werden, wenn der Zusammenschluss auf Grund starken Wettbewerbs zwischen Käufer und Zielgesellschaft auch materiell einer genauen Prüfung bedarf. Vollends schwierig wird die Situation für den Käufer, wenn sich das zu übernehmende Unternehmen entschließt, das Kartellrecht als Abwehrwaffe einzusetzen und von sich aus wettbewerbliche Bedenken gegen den Zusammenschluss vorträgt. Dies war etwa seinerzeit bei Hochtief und Holzmann der Fall. Holzmann trug dem Bundeskartellamt bis dahin nicht erörtertes Marktwissen zu, was zur Abgrenzung sehr viel engerer Märkte führte, als es bis dahin praktiziert worden war. Folge: Das Kartellamt untersagte den Anteilskauf. Große Hürden ergeben sich hier für den Käufer auch deshalb, weil er möglicherweise nicht auf alle sensitiven Unternehmensdaten Zugriff erhalten kann. So kennt nur die prüfende Behörde die genauen Marktdaten, was das Vorbringen geeigneter Argumente erschwert.
Parken von Anteilen oder Sicherung von Paketen
Oft wird der Käufer erwägen, sich Anteile des Targets durch „Parken“ bei Banken zu sichern, um sie nach Abschluss der fusionskontrollrechtlichen Verfahren quasi in Ruhe endgültig zu erwerben. Allerdings sind solche auch „Warehousing-Arrangements“ genannten Zwischenlösungen in der Regel nach deutscher und auch europäischer Fusionskontrolle nicht oder nur sehr schwierig durchführbar. Eine Möglichkeit könnte der Erwerb von Kaufoptionen sein – auch, um sich größere Anteilspakete zu sichern. Grundsätzlich gilt nämlich, dass die Vereinbarung einer Kaufoption selbst nicht anmeldepflichtig ist, sondern erst ihre Ausübung. Allerdings können je nach Gesamtzusammenhang jederzeit oder sehr zeitnah ausübbare Optionen eine Anmeldepflicht begründen. Die Begründung für die fehlende Anmeldepflicht des Optionsabschlusses ist aber gleichzeitig häufig die Krux für den Käufer im unfreundlichen Szenario: Denn vor der Ausübung kann der Optionsinhaber keine Stimmrechte geltend machen. Mithin erweist sich die Fusionskontrolle im Rahmen unfreundlicher Übernahmen als „unebenes Gelände“ mit viel Raum für strategische Überlegungen.
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