Unternehmensnachfolge – Warum externe Lösungen oft scheitern
Die Folgen des demografischen Wandels machen sich bereits in Zahlen bemerkbar. Während das Durchschnittsalter der Übergebenden 2021 noch 58 betrug, stieg es letztes Jahr auf 61 Jahre. Patrick Seip vom M&A-Beratungshaus Sonntag Corporate Finance zeigt sich davon überrascht, da er im Projektmix von Sonntag eine andere Entwicklung feststelle. „Die Mandantschaft wird jünger. Lebenspläne von Unternehmern verändern sich und das Thema Verkauf rückt früher auf die Tagesordnung“, sagt er uns. Immerhin ist das Durchschnittsalter der Übernehmenden mit 38 Jahren gleich geblieben.
Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn aus 2019 wurden damals ca. 80% der Nachfolgen im Mittelstand intern geregelt. „Dieser Anteil wird mittlerweile niedriger sein und wahrscheinlich noch weiter fallen“, erwartet Seip. Mehr zu tun also für Transaktionsberater, zumindest theoretisch. „Die meisten Firmen suchen leider keinen M&A-Berater, obwohl sie groß genug wären“, sagt uns Felix Engelhardt, CEO der M&A-Beratung Zumera.
In diese Lücke könnten auch Kreditinstitute springen. Die Hausbanken der teils M&A-unerfahrenen (Kleinst-)Unternehmer wären gut beraten, sich intensiver auf das latente Nachfolgeproblem einzustellen. Dazu gehört v. a. der Aufbau gezielter Expertise bei Firmenkundenbetreuern oder gar interdisziplinär aufgestellte Corporate Finance-Abteilungen. „Mittlerweile haben wir häufig Kontakt zu Fällen, bei denen die interne Nachfolge gescheitert ist“, berichtet Seip.
Je früher der Unternehmer anfängt, die Zukunft aus strategischer, finanzieller und rechtlicher Brille zu planen, desto höher ist der potenzielle Preis, den er für seine Firma – oft ein Lebenswerk – abrufen kann. Denn wenn externe Investoren sehen, dass die Nachfolge sorgfältig und mit Vorlauf eingeleitet wurde, werden sie umso kaufwilliger bei den Verhandlungen aufkreuzen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion und eine Nachfolgelösung mit Bestand.
Die Gründe für das Scheitern einer externen Lösung sind neben mangelnder Vorbereitung vielfältig: Abhängigkeiten (z. B. von Inhabern, Kunden, Lieferanten), unterschiedliche wirtschaftliche Vorstellungen, Performance des Unternehmens während des M&A-Prozesses, exogene Schocks. „Ein Aspekt, der zunehmend an Gewicht gewinnt, sind die höheren Finanzierungskosten infolge der Zinswende. Das führt teils zu einer 20-30% niedrigeren Unternehmensbewertung“, sagt Engelhardt. Oftmals unterschätzten Unternehmer auch, wie komplex die Kaufpreisfindung in der Praxis ist, oder verschätzten sich bei der Bewertung aufgrund mangelnder Objektivität – etwa wegen emotionaler Bindung.
Im Creditreform-Report wird zudem deutlich, dass der Anteil derer, die im Team übernehmen, zuletzt immer geringer wurde. „Dabei ist genau das für die Unternehmen eine besonders wertvolle und innovative Lösung, die bei einem Management Buy-Out die Führungskräfte auch langfristig bindet“, erklärt Seip. Er selbst übernahm 2021 gemeinsam mit sieben Kollegen die beiden Gesellschaften Sonntag Corporate Finance und Nachfolgekontor. ck