Verwertung der Sicherheiten ist oft schwierig
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Fast alle deutschen Banken sind in Mittel- und Osteuropa stark engagiert. Mit eigenen Beteiligungen oder Tochterbanken sind unter anderem die Unicredit/HypoVereinsbank, die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Bausparkasse Schwäbisch-Hall und die Porsche Bank vertreten. Die WestLB hat die Region dagegen bereits aufgegeben. Die BayernLB denkt über den Verkauf ihrer Beteiligung an der ungarischen MKB Bank nach. Die NordLB wird zum Jahreswechsel aus der DnB Nord, einem Joint-Venture mit der größten norwegischen Bank, und damit aus dem Geschäft in den baltischen Staaten und Polen aussteigen.
Riskante Immobilienkredite für Privathaushalte
Mit ein Grund für den Rückzug sind die Risiken, die sich in der Region angesammelt haben. Die Portfolios sind nicht nur von geringwertigen Wertpapieren betroffen, sondern leiden auch unter einer großen Zahl notleidender Immobilienkredite für Privathaushalte. Ähnlich wie US-Banken haben auch deutsche Institute in Mittel-und Osteuropa bis zum Lehman-Crash 2008 weit mehr Kredite als üblich an Privatpersonen, die nur über geringe Sicherheiten verfügen, zum Kauf einer Wohnung oder zum Bau eines Hauses vergeben. Die Euro-Kreditzinsen waren wesentlich günstiger als die Zinsen auf einen Kredit in der jeweiligen inländischen Währung. Seit 2008 haben etliche Währungen der Region gegenüber dem Euro und dem Schweizer Franken massiv verloren. Nun reichen die schon knapp kalkulierten Einkünfte der Kreditnehmer nicht mehr aus, um genügend Euro für die Bedienung der Kredite zu kaufen. Hiervon war und ist am stärksten Ungarn betroffen.
Optionsrecht für Verkauf umstritten
Eine weitere Besonderheit in Mittel- und Osteuropa ist, dass die Banken neben einer „klassischen“ Immobiliarsicherheit über eine Grundschuld oder Hypothek oft auch ein Optionsrecht für den Kauf der Immobilie haben. Die Pfandrechtsverwertung wurde vielfach als langwierig und unsicher eingestuft. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, durch eine einfache Kaufoption eine Immobilie als Sicherheit zu nutzen. Riskant sind diese Modelle deshalb, weil sie in der Rechtsprechung unter dem Aspekt der Übersicherung oder Sittenwidrigkeit sehr kritisch beurteilt wurden.
Nach unserer Einschätzung wird auch in Mittel- und Osteu-ropa das Thema der Verkäufe von Privatkrediten an Dritte sowie Investoren ohne Zustimmung der Privatschuldner ähnlich wie in Deutschland in der öffentlichen Meinung kontrovers diskutiert werden. In Deutschland sollen Privat-Schuldner künftig bei derartigen Verkäufen gesetzlich besser geschützt werden. Auch in Mittel- und Osteuropa ist mit einer solchen Entwicklung zu rechnen, da Banken allein schon zur Bilanzkosmetik vielfach notleidende Forderungen verkaufen werden.
Kredit sanieren statt kündigen
Wir raten dazu, nicht sofort den Kreditvertrag zu kündigen, da die Verwertung der Besicherung oft schwierig ist. Belastbare Wertgutachten bezüglich der Sicherheiten, insbesondere für Immobilien, sind schwer zu erhalten. Damit drohen bei der Verwertung der Sicherheiten Verluste. Gerichte und Behörden, die bis zur Verwertung oder Versteigerung benötigt werden, arbeiten oft sehr ineffektiv und sind überlastet. Stattdessen sollte zuerst geprüft werden, von welcher Qualität die Besicherung ist. Nur wenn eine Kaufoption besteht, haben Banken eine realistische Chance, die Besicherung zügig zu verwerten. Besser ist in den meisten Fällen aber eine Kreditsanierung, etwa durch eine Umschuldung oder Tilgungsstreckung – eventuell verbunden mit einer Stärkung der Besicherung.
Bei dieser Gelegenheit sollten Banken ihre Kreditverträge und ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen prüfen: Ist der Katalog an Mitteilungspflichten des Kreditnehmers über die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse oder – bei Firmen und Privatpersonen – über drohende Insolvenzen hinreichend oder muss nachgebessert werden? Banken können dies eventuell im Rahmen einer Kreditsanierung vereinbaren, auf jeden Fall aber beim Neuabschluss von Kreditverträgen.
bnt – Spezialist für Mittel- und Osteuropa
Von Tschechien über Polen und dem Baltikum bis Weissrussland und der Ukraine – in zehn Ländern Mittel- und Osteuropas ist die Kanzleigruppe bnt mit 120 Anwälten und eigenen Büros vor Ort vertreten. Schwerpunkte der Beratung sind Immobilien-Portfolios und Infrastruktur-Vorhaben, M&A, Einrichtung und Betreuung von Niederlassungen und Tochtergesellschaften sowie Fragen des Kapitalmarktrechts. Die Sozietäten vor Ort gehören jeweils zur regionalen Spitzengruppe. Sie sind zugleich mit Juristen, die in Deutschland ausgebildet wurden, und lokalen Anwälten besetzt. Sie beraten lokal und länderübergreifend.
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