Warum ECM ins Zentrum des Geschehens rückt
Wann der Wechsel, über den zuerst „Juve“ berichtete, passieren wird, ist noch unklar. Bis dahin dürfte Milbank bei ECM-Themen wie bisher schon mit Sullivan & Cromwell zusammenarbeiten, wo auch Philipp Klöckner viele Associate-Jahre verbracht hat.
Sullivan ist die einzige große Kanzlei, die Börsengänge und Kapitalerhöhungen in Deutschland zu ihrem Markenkern gemacht und damit enormen Erfolg hat. Nirgendwo sonst ist die ECM-Praxis die wichtigste Umsatzlokomotive und noch dazu die Ausgangsbasis für anspruchsvolles M&A-Geschäft, naturgemäß v.a. bei öffentlichen Übernahmen.
Die meisten Transaktionskanzleien sind genau umgekehrt strukturiert: M&A ist das Flaggschiff, ECM deutlich kleiner, manchmal nicht mehr als ein Support-Bereich. Gerade Milbank hatte in Deutschland fast zwei Jahrzehnte lang konsequent ihren Fokus durchgehalten: Corporate, Finance, Steuer- und Kartellrecht, sonst nichts. Wenn die Milbank-Gesellschaftsrechtler IPOs (z.B. Sixt Leasing, Auto1, About You) oder Dual-Track-Verkaufsprojekte begleiteten, holten sie für die konkrete ECM-Arbeit eben Sullivan dazu, so wie spezialisierte Boutique-Kanzleien arbeits- oder IT-rechtliche Fragen übernahmen.
Inzwischen aber gehört Emissions-Expertise zu den zentralen Kompetenzen einer Transaktionspraxis. Gerade im Late-Venture- und Growth-Segment, in dem heute schließlich auch zahlreiche, einst anderweitig fokussierte Private-Equity-Mandanten mitmischen, geht nichts ohne IPO-Option. Auch immer mehr Eigner traditionellerer Unternehmen wollen sich neben dem Verkauf an den Meistbietenden den Weg an die Börse offenhalten.
Diese Bedürfnisse müssen die Kanzleien erfüllen – möglichst aus einer Hand, ohne Reibungsverluste beim Pitch oder im Deal. Einen Monat vor Milbank zeigte das bereits Willkie Farr & Gallagher mit dem Einstieg der Equity-Spezialisten Simon Weiß und Joseph Marx (s. PLATOW Legal + Finance v. 31.5.). Man kann davon ausgehen, dass andere Kanzleien nachziehen werden, wenn sich Gelegenheiten bieten. Die Aktien der ECM-Könner im Markt standen jedenfalls schon mal schlechter.