Zahlungsdienst

Warum Paypal aktuell so verwundbar ist

Allianzen mit den Paymentgrößen Fiserv und Adyen, Partnerschaften mit Shopify und Amazon: Paypal gibt gerade mächtig Gas. Selbst auf Kryptowährungen schauen die Amerikaner bereits.

Und dann wäre da noch der Plan, endlich all die Nutzerdaten so richtig einzusetzen und dick ins Werbegeschäft einzusteigen. So sollen Unternehmen demnächst auch Anzeigen über Paypal schalten können, ist zumindest eine Reihe von Fachmedien zu entnehmen. Und der Payment-Gigant kann sich das alles ganz offenbar leisten: rd. 29,8 Milliarden US-Dollar Umsatz verbuchte der im vergangenen Jahr, der Gewinn: ca. 4,3 Milliarden US-Dollar.

von Jan Schulte,
PayPal-Hashtag in New York City
PayPal-Hashtag in New York City © PayPal

Doch trotz all der neuen Allianzen und der großen Zahlen könnten europäische Konkurrenten nun vorstoßen. Und das dürfte besonders die Banken hinter der neuen Bezahllösung Wero freuen. Dafür gibt es laut Thomas Walkner, Zahlungsverkehrsexperte bei der Unternehmensberatung Capco, gleich mehrere Gründe. Der erste: „Paypal ist in vielen Ländern gar nicht so übermächtig, wie es aus deutscher Perspektive oftmals scheint”, sagt er.

In Deutschland, Großbritannien und natürlich den USA sei das Unternehmen zwar sehr stark. „In Frankreich ist Paypal aber zum Beispiel nur einer von mehreren Anbieter”, so Walkner. Auch in Spanien und Italien tue sich die US-Firma schwer. Schon das dürften gute Nachrichten für die neue Bezahl-App Wero sein, hinter der die European Payments Initiative (EPI) steht. Denn zum einen startet Wero auch in Frankreich (PLATOW berichtete darüber in mehreren Ausgaben sehr ausführlich) und damit einem Markt, auf dem noch was zu holen ist. „In Frankreich herrschen noch traditionelle Zahlungsweisen vor“, sagt Walkner. 85 Prozent der Online-Zahlungen würden noch über Debitkarten laufen. Die angelsächsische Welt, aber vor allem auch die skandinavische ist da bereits sehr viel weiter.

Zudem hat Wero seit kurzer Zeit mit BNP Paribas und vielen weiteren französischen Geldhäusern auch namhafte und große französische Institute hinter sich. Außerdem ist der Weg für einen europäischen Player in Ländern wie Spanien und Italien womöglich einfacher – sollte Wero denn seine Starts in Frankreich und Deutschland ordentlich hinbekommen.

Dass Paypal in Deutschland überhaupt so groß werden konnte, ist durchaus ein Versäumnis der hiesigen Finanzbranche, die allerdings mit ihren Sparkassen und Genossenschaftsbanken vergleichsweise kleinteilig daherkommt. Die eine gute Zahlungslösung gab es deshalb viel zu lange noch nicht.

Besonders während der Coronapandemie konnte Paypal seine Marktanteile verbessern. Spätestens mit der Aufgabe von Paydirekt wurde die Ohnmacht der deutschen Branche deutlich. Zwar musste Paypal nach Corona erst mal seine Wachstumsschmerzen verdauen, doch angeführt vom neuen CEO Axel Chriss geht der Konzern seit Jahresbeginn wieder auf Angriff. Experte Walkner sieht dennoch Chancen für die oft belächelte App Wero in Deutschland.

Für die spricht ihm zufolge die Sicherheit, die man mit deutschen Banken immer noch sehr verbindet. Ebenfalls praktisch für Paypal-Konkurrenten in Europa: Den US-Riesen könnte es Walkner zufolge mehr ins Ausland ziehen. „Gerade auf dem afrikanischen und auch auf dem asiatischen Kontinent sind die Marktchancen größer“, meint er. Dort seien die Wachstumsraten höher als in Europa. Vielleicht kann man bei Wero darauf setzen, dass sich Paypal weit weg austobt – und auch etwas verausgabt.

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