Banken

Zerreißprobe zwischen Sanktionen und Kundenauftrag

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US-amerikanische Behörden gehen ungewöhnlich hart gegen ausländische Kreditinstitute vor. Im Fokus stehen auch deutsche Banken, die teils Strafen in Milliardenhöhe zu verdauen haben. Vernachlässigt in der Berichterstattung wird allerdings, dass die Banken bei den geahndeten Verstößen gegen das US-Sanktionsrecht schlichtweg vertraglichen Pflichten gegenüber ihren Kunden nachkommen.

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Der weitreichende Anwendungsbereich des US-Rechts folgt aus der hierfür maßgeblichen „effects doctrine of territorial jurisdiction““. „Grundsätzlich gilt auch in den USA das Territorialprinzip, wonach natürliche und juristische Personen den Gesetzen des Staates unterworfen sind, auf dessen Territorium sie sich jeweils befinden““, erläutert Anthony Trentin, Rechtsanwalt bei Beiten Burkhardt. „Entfaltet ein Sachverhalt jedoch Wirkungen (effects) auf US-Territorium, genügt dieser Anknüpfungspunkt, um die Anwendbarkeit von US-Recht begründen und ggf. Strafzahlungen verhängen zu können.““

Für deutsche Banken ergibt sich ein Dilemma: Fällt ein Kunde oder eine Transaktion unter den Anwendungsbereich einer US-Sanktion und besteht kein europäisches Pendant, so ist er dem Kunden gegenüber zur Ausführung verpflichtet, um nicht schadensersatzpflichtig zu werden. Gleichzeitig drohen Geldstrafen der US-Behörden. Die bankvertraglichen Pflichten gegenüber Kunden begründen nicht immer einen Rechtfertigungsgrund. Allerdings müssen auch die US-Behörden die Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Nach deutschem Recht ist die US-amerikanische Sanktionsnorm unbeachtlich, daher kann sich eine Bank bei ihren Kunden nicht auf rechtliche Unmöglichkeit berufen (vgl. § 275 Absatz 1 BGB). „Eine rechtliche Unmöglichkeit dürfte nur anzunehmen sein, wenn das entsprechende US-Sanktionsgesetz in Deutschland anwendbar wäre bzw. wenn das Bankgeschäft in den USA zu erfüllen und dort rechtswidrig wäre““, so Trentin. Das OLG Frankfurt hat 2011 entschieden, dass ein Verstoß gegen US-Sanktionsverordnungen für eine Bank grundsätzlich „zumutbar““ sei (Az.: 23 U 30/10). Laut den Richtern beharrten US-Behörden bei kollidierenden Rechtsvorschriften nicht auf der extraterritorialen Anwendung ihrer Gesetze. „Ob diese Begründung im Hinblick auf die in jüngerer Zeit verhängten Strafen noch haltbar ist, erscheint nicht zuletzt im Lichte des Gebots von Treu und Glauben allerdings zweifelhaft““, sagt Trentin.

Will sich eine deutsche Bank ein Leistungsverweigerungsrecht vorbehalten, muss es § 7 der Außenwirtschaftsverordnung beachten, nach dem es verboten ist, sich im Außenwirtschaftsverkehr an einem Boykott gegen einen anderen Staat zu beteiligen. Gleiches gilt für den Fall, dass sich die Bank eine Bestätigung einholen möchte, wonach der Kunde bzw. seine Wertpapiere nicht in den Anwendungsbereich von EU- und US-Sanktionen fallen. „Wo die Grenze zwischen der zulässigen Wahrung des wirtschaftlichen Eigeninteresses der Bank an der Vermeidung hoher Strafzahlungen einerseits und einer nach § 7 AWV unzulässigen Beteiligung an dem Boykott eines anderen Staates liegt, ist derzeit unklar““, erläutert der Bankenrechtsexperte. Besonders kritisch ist die Situation für Institute, soweit die EU-Verordnung Nr. 2271/96 (sog. Blocking Regulation) die Befolgung bestimmter US-Sanktionen explizit verbietet. „Grenzüberschreitend tätige Institute sollten diesbezüglich ihre rechtlichen Risiken ermitteln und Regelungen aufstellen, die einen Konflikt mit allen relevanten Rechtsordnungen vermeiden““, rät Trentin abschließend.

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