Geldpolitik

§ 25a WpHG-E – Fluch oder Segen für den Kapitalmarkt?

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Demnächst soll das im September 2010 von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts verabschiedet werden. Das neue Gesetz verfolgt u. a. das Ziel, ein „unbemerktes Anschleichen“ an eine börsennotierte Gesellschaft mit Hilfe derivativer Finanzinstrumente – so geschehen in den Fällen Schaeffler/Continental und Porsche/VW – zu verhindern. Ein durchaus zweischneidiges Schwert, meinen Julia Sophia Habbe und Gerrit Clasen, Anwälte bei Ashurst.

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Bislang müssen Finanzinstrumente im Rahmen der bestehenden kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten nur dann offengelegt werden, wenn sie ihrem Inhaber einen einseitigen Rechtsanspruch auf Lieferung von Aktien (physical settlement) des Emittenten geben. Eine Mitteilungspflicht für Finanzinstrumente, die den Erwerb von Aktien allein auf Grund ihrer Konstruktion ermöglichen, ohne hierbei einen Rechtsanspruch auf Lieferung zu gewähren (z. B. cash-settled equity total return swaps), besteht bisher nicht. Der neue Gesetzentwurf soll genau hier ansetzen.

§ 25a WpHG-E als Generalklausel konzipiert

Kern des Gesetsentwurfs ist § 25a Wertpapierhandelsgesetz – Entwurf (WpHG-E). Die Vorschrift beinhaltet „Mitteilungspflichten beim Halten von weiteren Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten“, die von den §§ 21 ff. WpHG bislang nicht erfasst werden. § 25a WpHG-E sieht vor, dass der unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Finanzinstrumenten oder sonstigen Instrumenten, die es dem Inhaber auf Grund ihrer Ausgestaltung (faktisch oder wirtschaftlich) ermöglichen, mit Stimmrechten verbundene Aktien eines deutschen Emittenten zu erwerben, dies dem Emittenten sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) melden muss. Die Begründung des Gesetzentwurfs nennt als Beispiele hierfür finanzielle Differenzgeschäfte, Swaps, Call-Optionen mit cash settlement, Put-Optionen und sonstige Geschäfte, bei denen ein Stimmrechtserwerb des Inhabers auf Grund der zu Grunde liegenden Konstruktion zumindest möglich ist. Es soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs ausreichen, dass das Instrument einen Bezug zu Aktien aufweist, der insbesondere dann anzunehmen ist, wenn das Bestehen oder die Renditechancen des Instruments von der Entwicklung des Börsenkurses der betreffenden Aktien abhängen. Die BaFin soll das Recht haben, § 25a WpHG-E zu konkretisieren, indem sie eine (allerdings nicht abschließende) Liste der Instrumente erstellt, die in den Anwendungsbereich der Norm fallen.

Die Meldepflicht nach § 25a WpHG-E erstreckt sich auf sämtliche in § 21 Absatz 1 Satz 1 WpHG genannten Schwellen ab 5% (d. h. 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75%). Die Höhe des zu meldenden Stimmrechtsanteils bemisst sich nach der Anzahl der stimmberechtigten Aktien, die der Inhaber des jeweiligen Finanzinstruments oder sonstigen Instruments nach der vertraglichen Ausgestaltung erwerben kann. Enthält die vertragliche Ausgestaltung hierzu keine Angaben, berechnen sich die Stimmrechte nach der Anzahl der stimmberechtigten Aktien, die die andere Partei zur Absicherung des jeweiligen Instruments halten müsste. Stimmrechtsanteile, die nach § 25a WpHG-E gemeldet werden müssen, sind mit Stimmrechtsanteilen, die nach den §§ 21, 22 und § 25 WpHG zu melden sind, zusammenzurechnen.
In zukünftigen Übernahmesituationen ist zu erwarten, dass die neue Meldepflicht nach § 25a WpHG-E zumindest ein „unbemerktes Anschleichen“ an eine Zielgesellschaft mit Hilfe derivativer Finanzinstrumente, wie es in der Vergangenheit beobachtet wurde, wird verhindern können. Ab Veröffentlichung der Angebotsunterlage unterliegt der Bieter allerdings nicht mehr der neuen Meldepflicht. Die Finanzinstrumente nach § 25a WpHG-E sind dann ausschließlich im Rahmen der übernahmerechtlich geforderten „Wasserstandsmeldungen“ anzugeben. In der Angebotsunterlage selbst muss der Bieter dagegen nicht offen legen, welche Finanzinstrumente und sonstigen Instrumente er hält. Auch bei der Berechnung der Kontrollschwelle von 30%, die die Abgabe eines Pflichtangebots auslöst, werden Finanzinstrumente und sonstige Instrumente weiterhin nicht berücksichtigt bzw. dem Übernahmeinteressenten nicht zugerechnet.

Konkreter „Katalog“ der BaFin wünschenswert

Im Ergebnis dürfte der Gesetzgeber sein Regelungsziel, die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz zu erhöhen, mit dem neuen Gesetzentwurf insofern erreichen, als bestehende Transparenzlücken beim Halten von modernen Finanzinstrumenten geschlossen werden. Gerade diese Transparenzlücken hatten in der Vergangenheit ein „unbemerktes Anschleichen“ an eine börsennotierte Gesellschaft, wie im Fall Schaeffler/Continental beobachtet, ermöglicht. Allerdings steht zu befürchten, dass der neue § 25a WpHG-E auf Grund seines generalklauselartigen Charakters und seines eher unbestimmten Anwendungsbereichs auch eine Vielzahl von unwesentlichen Stimmrechtsmitteilungen hervorrufen wird. Diese zu befürch-tende Flut an Stimmrechtsmitteilungen könnte den Blick auf die wesentlichen Stimmrechtsmitteilungen erschweren und einer effizienten Beteiligungstransparenz am Kapitalmarkt letztlich abträglich sein. Es wäre daher zu begrüßen, wenn die BaFin einen konkreten Katalog der nach § 25a WpHG meldepflichtigen Finanzinstrumente festlegen würde.

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