Bankensektor

Commerzbank – Kapitulation nur noch eine Frage der Bedingungen

Am Dienstag übernimmt Bettina Orlopp offiziell den Vorstandsvorsitz von Manfred Knof – als erste Frau an der Spitze der Commerzbank. Darauf hat die bisherige CFO lange und geduldig hingearbeitet. Für Orlopp dürfte die Amtsübernahme dennoch einen bitteren Beigeschmack haben. Denn nach Lage der Dinge wird die wichtigste Aufgabe der neuen Vorstandschefin in den kommenden Monaten darin bestehen, die Bedingungen für eine „freundliche“ Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit auszuhandeln.

Commerzbank Logo in Hamburg
Commerzbank Logo in Hamburg © AdobeStock

Die Reaktion der Kapitalmärkte auf die Avancen der Italiener, die Orlopp als erfahrene CFO bestens zu deuten weiß, ist eindeutig. Vordergründig mag der Kurssprung nach den von der Commerzbank in Aussicht gestellten Rekordausschüttungen wie eine Bestätigung des Unabhängkeitskurses der Frankfurter erscheinen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Hoffnungen der Investoren auf ein attraktives Übernahmeangebot der Italiener gestiegen sind. Denn Orlopp hatte zugleich ein erstes Gespräch mit Unicredit angekündigt.

An der Online-Schalte am Freitag soll neben Orlopp auch Unicredit-Chef Andrea Orcel teilgenommen haben. Dabei soll die Atmosphäre konstruktiv, offen und zugewandt gewesen sein. Mit dem Zugriff auf 21% der Commerzbank-Aktien und dem Antrag auf eine weitere Aufstockung des Anteils auf bis zu 29,9%, also knapp unter der Schwelle für ein Übernahmeangebot, hat Orcel Fakten geschaffen, an denen die Commerzbank nicht mehr vorbeikommt. Die EZB-Erlaubnis für die beantragte Anteilserhöhung gilt als Formsache. Der listige M&A-Stratege Orcel hat zudem längst die Weichen gestellt, sich die dafür nötigen Aktien zu sichern.

Schon jetzt steht die Commerzbank-Führung offensichtlich unter massivem Druck auch anderer Investoren, Verhandlungen über eine einvernehmliche Übernahme mit der Unicredit aufzunehmen und einen lukrativen Angebotspreis bei den Italienern herauszuschlagen. Auch bei der Commerzbank geben vor allem institutionelle Adressen aus dem Ausland den Ton an.

Die scheinbar kämpferische Ansage, dass sie bei den Gesprächen mit Unicredit neben den Aktionärsinteressen auch Belange von Mitarbeitern und Kunden im Blick habe, deutet eher darauf hin, dass die Führung bereits an der Formulierung der Nebenbedingungen für eine Übernahme arbeitet, wie etwa Standort- und Beschäftigungsgarantien, Beibehaltung der Börsennotierung und des Frankfurter Sitzes nach einer Fusion mit der HVB. fm

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