Bankensektor

Commerzbank – War der Bund wirklich so ahnungslos?

Ziemlich belämmert stehen Bundesregierung und Finanzagentur nach dem Einstieg des italienischen Unicredit bei der Commerzbank da.

Das Logo der Commerzbank auf dem Commerzbank Tower in Frankfurt am Main, Deutschland
Das Logo der Commerzbank auf dem Commerzbank Tower in Frankfurt am Main, Deutschland © AdobeStock

Das Finanzministerium beteuert, von dem Schachzug der Italiener überrascht worden zu sein. Dabei wusste die Bundesregierung spätestens seit dem Besuch von Unicredit-Chef Andrea Orcel in Berlin 2023, dass die Italiener Interesse an einer Übernahme des Bundesanteils an der Commerzbank haben. Damals zeigte Berlin dem Unicredit-Lenker noch die kalte Schulter.

Auch Orcel gab sich im „Bloomberg“-Interview erstaunt über die angebliche Ahnungslosigkeit der Bundesregierung. Der Unicredit habe ständig in einem Dialog mit den Regulierungsbehörden, Institutionen und Partnern in Deutschland gestanden, ließ Orcel durchblicken. Er habe deshalb auch gedacht, „dass alle relevanten Interessengruppen genau wissen, was wir tun, sonst hätten wir uns auch nicht bewegt“.

Nimmt man Orcels Worte für bare Münze, dann war der Bund nicht nur vorab darüber informiert, dass der Unicredit bei der Auktion für den zum Verkauf stehenden Commerzbank-Anteil von 4,49% mitbieten will, sondern hat den Italiener sogar grünes Licht dafür gegeben.

So wird denn auch spekuliert, dass dem Finanzministerium ein Einstieg des Unicredit durchaus gelegen kam, um im Windschatten der zu erwartenden Übernahmespekulationen bei weiteren Aktienverkäufen einen noch höheren Preis zu erzielen. Damit hätte sich der Bund eine maximal wertsteigernde Exit-Option gesichert.

Die Finanagentur freute sich jedenfalls in ihrer offiziellen Mitteilung über den „erfolgreichen“ Abschluss des ersten Teilverkaufs, mit dem der „Ausstieg des Bundes eingeläutet“ sei, so Geschäftsführerin Eva Grunwald.

Mehr als vom Einstieg der Italiener bei der Commerzbank dürfte der Bund von der harschen öffentlichen Reaktion überrascht worden sein. Die Gewerkschaft Verdi und der Commerzbank-Betriebsrat kündigten umgehend massiven Widerstand gegen eine mögliche Übernahme durch den Unicredit an. Das könnte auch erklären, warum die Bundesregierung sich plötzlich so ahnungslos gibt.

Auch bei der Commerzbank kommt der neue Großaktionär gar nicht gut an. Während der Aufsichtsrat um Oberaufseher Jens Weidmann, der sich am Mittwoch zu einer Sondersitzung traf, bislang eisern schweigt, nahm die Commerzbank in einer unterkühlten Mitteilung den Einstieg der Italiener „zur Kenntnis“.

Insbesondere CFO Bettina Orlopp, die sich nach dem angekündigten Verzicht von Vorstandschef Manfred Knof auf eine zweite Amtszeit Hoffnungen auf den Chefsessel macht, kann die Aussicht nicht gefallen, bei einer Übernahme der Commerzbank zur Deutschland-Statthalterin des Unicredit degradiert zu werden.

Angesichts der neuen Lage muss sich der Aufsichtsrat fragen, ob ein Vorstandschef mit Verfallsdatum noch die richtige Besetzung ist, um einen Abwehrkampf gegen eine unerwünschte Übernahme zu organisieren. Gut möglich, dass Orlopp nun schneller als erwartet das Ruder übernimmt. fm

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