Geldpolitik

Compliance im Fokus der Behörden

„Drive safely!“ – Mit dieser Aufforderung schließt EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sein Vorwort zu dem kürzlich von der Europäischen Kommission herausgegebenen Leitfaden zur kartellrechtlichen Compliance. Darin befinden sich Hinweise für Unternehmen, wie sie ihre Compliance-Strukturen gestalten sollen, um das Risiko von Kartellrechtsverstößen zu mindern.

Enthalten sind zahlreiche konkrete Vorschläge – etwa regelmäßige Schulungen oder das Verteilen spezifischer „do’s and don’ts“ an die Mitarbeiter. Viele Kartellrechtler zeigen sich jedoch enttäuscht, dass die Kommission nicht so weit gegangen ist, den Unternehmen für ein implementiertes Compliance-Programm einen Bonus bei der Bußgeldbemessung für den Fall der Ahndung eines späteren Kartellverstoßes zu geben. „Darin liegt eine verpasste Chance des Papiers, wenngleich es grundsätzlich zu begrüßen ist, dass sich die Kommission zu diesem Thema endlich einmal geäußert hat“, so Christian Horstkotte, Kartellrechtsanwalt und Partner der Kanzlei Baker & McKenzie.

Obwohl angesichts der häufigen Meldungen über astronomische Bußgelder große Konzerne mittlerweile sensibilisiert seien und effektive Compliance-Strukturen geschaffen hätten, bestehe insbesondere bei Mittelständlern oft noch Nachholbedarf, so Horstkotte weiter. „In vielen Branchen gibt es noch kein nachhaltiges Gespür für die Grenzen des Kartellrechts, insbesondere dann, wenn es um vertikale Vereinbarungen geht, etwa beim Problem der Preisbindung der nachgelagerten Marktebene.“ In diesem Bereich, der derzeit im besonderen Fokus der Kartellbehörden steht, gibt es einen großen kartellrechtlichen Graubereich. Gerade hier zeigt sich jedoch die besondere Notwendigkeit zielgerichteter Compliance-Schulungen aller Mitarbeiter, die regelmäßig in Kontakt zu Kunden oder Wettbewerbern stehen.

Hätte sich die Kommission zur Möglichkeit einer Bußgeldreduktion bekannt, hätte das sicherlich manchem Justiziar Schützenhilfe gegeben, sich unternehmensintern für einen größeren finanziellen Spielraum für Compliance-Maßnahmen einzusetzen. Diese Möglichkeit ließ die Kommission (im Gegensatz zu Behörden wie z. B. dem britischen Office of Fair Trading) ungenutzt. „Gleichwohl macht die Kommission mit diesem Schritt deutlich, dass effektive Compliance-Programme in Unternehmen oberste Priorität genießen sollten“, so Horstkotte.

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