Geldpolitik

Das Inflations-Mysterium rüttelt an den Grundfesten der Notenbanken

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Es sei ihr ein „Rätsel"", warum trotz brummender Konjunktur und nahezu Vollbeschäftigung die Inflation einfach nicht anspringen will, bekannte jüngst Fed-Präsidentin Janet Yellen. Bereits beim Notenbanker-Treffen in Jackson Hole hatten sich die versammelten Geldpolitiker den Kopf über dieses scheinbar allen Lehrbuch-Weisheiten widersprechende Phänomen zerbrochen, das sich auch in Europa und Japan breitgemacht hat.

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Doch die bisherigen Antworten der Notenbanker, die auf gesunkene Preise für Medikamente und Handy-Tarife sowie niedrigere langfristige Inflationserwartungen der Verbraucher verweisen, taugen kaum zur Erklärung der notorisch geringen Teuerung. Tatsächlich hatte die Inflation auch schon vor dem Ausbruch der Finanzkrise viel von ihrem einstigen Schrecken verloren. Der mit der berühmten Phillips-Kurve beschriebene Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation galt bereits in den 1980er-Jahren als statistisch kaum noch nachweisbar.

Mit dem Siegeszug der Globalisierung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs drückten Billigimporte aus China und Osteuropa zunehmen auf die Preise und Löhne in den westlichen Industrieländern. Seit dem Vormarsch des Internets, das für eine beinahe vollkommene Preistransparenz sorgt, und der Digitalisierung, die völlig neue Geschäftsmodelle ermöglicht, hat sich der internationale Wettbewerb nochmals verschärft. Das bekamen auch die Gewerkschaften zu spüren, die kaum noch saftige Lohnerhöhungen durchsetzen konnten. Erst kürzlich wunderte sich IG Metall-Chef Jörg Hofmann, er habe noch nie so viel Ermunterung von Finanzmarkt-Investoren und der Bundesbank bekommen, höhere Löhne zu fordern.

Viel spricht denn auch dafür, dass die dauerhaft niedrige Inflation vor allem strukturelle Ursachen hat. Doch davon wollen die Notenbanker offensichtlich nichts wissen. Käme dies doch dem Eingeständnis gleich, dass die Zentralbanken mit ihrer Geldpolitik die Inflation kaum noch beeinflussen können. Damit stellt sich zugleich auch die Frage nach dem Sinngehalt von Inflationszielen, wie sie die EZB und die Fed verfolgen, und der Legitimation von massenhaften Anleihekäufen. Müssten die Notenbanken zugeben, dass sich mit QE selbst ihr schärfstes Schwert als stumpf erweist, wenn es um das Erreichen der eigenen Inflationszielen geht, dann wäre die Geldpolitik in ihrem Kerngeschäft entzaubert.

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