Geldpolitik

Der Staatsanwalt als Freund und Helfer

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Unternehmen und Privatpersonen, die durch Straftaten geschädigt werden, können sich das Strafrecht und die Schlagkraft der Ermittlungsbehörden zunutze machen. Vor allem Schadensersatzansprüche können so ohne langwieriges Zivilverfahren durchgesetzt werden. Hauke Hansen, Wirtschaftstrafrechtsexperte bei FPS, erklärt anhand des Falls um die Frankfurter Immobiliengruppe S&K, wie geprellte Anleger wieder an ihr Geld kommen.

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Es geht um einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den beiden Gründern der Frankfurter Immobiliengruppe S&K vor, mittels eines Schneeballsystems veruntreute Anlagegelder hauptsächlich für ihren exzessiven Lebensstil verwendet zu haben. Bei Durchsuchungen in sieben Bundesländern hatten die Ermittler nach eigenen Angaben Millionenwerte gesichert, allein in den Privatwohnungen der Beschuldigten waren es Sachwerte und Bargeld im Wert von 2,5 Mio. Euro. Die meisten Unternehmen des kaum zu durchschauenden Firmengeflechts sind inzwischen insolvent. Haben die geschädigten Anleger, Unternehmen und Privatanleger dennoch eine Chance, die ihnen entstandenen Schäden ersetzt zu bekommen? Ja, denn Verbrechen darf sich nicht lohnen. Das ist das Credo, der im Strafgesetzbuch verankerten Vermögensabschöpfung, mit deren Hilfe kriminell erzielte Gewinne zunächst beschlagnahmt und später für „verfallen“ erklärt werden. Bei Steuer- und Korruptionsdelikten fällt das Geld an den Staat. Aber auch geschädigte Unternehmen können profitieren. Wurden sie durch Untreue, Betrug, Unterschlagung, Diebstahl, Kartellabsprachen oder Produktpiraterie geschädigt, stehen ihnen gegenüber den Tätern Schadensersatzansprüche zu. Diese können „klassisch“ auf dem Zivilrechtsweg durchgesetzt werden. Der Erfolg ist hierbei jedoch nicht garantiert: Notorische Kriminelle lassen sich durch Klagen und einstweilige Verfügungen kaum beeindrucken. Auch bleibt der wahre Umfang der Taten meist ebenso verborgen wie der Verbleib der erzielten Gewinne.

Beschlagnahme von Vermögen

Es geht auch anders: Mit Hilfe des Strafrechts und seinen Instrumenten wie Rückgewinnungshilfe und Adhäsionsverfahren kann es schon im Strafverfahren gelingen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Dabei können die Geschädigten die Zielstrebigkeit und Effizienz der Ermittler für sich nutzbar machen. Die Strafverfolger sind in der Lage, Kontostände der Täter und ihrer Unterstützer abzufragen, Finanzströme zu verfolgen, Telefone abzuhören, Postsendungen zu beschlagnahmen sowie Büros und Lager zu durchsuchen. Besonders interessant ist die Möglichkeit, bei den Tätern aufgefundene Vermögenswerte wie Konten, Bargeld, Depots, Luxuswagen, Schmuck oder sogar Immobilien sicherzustellen. Dabei dürfen die Ermittler selbst auf „legales Vermögen“ zugreifen. Dies geschieht meist bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem der Täter noch gar nichts von den Ermittlungen gegen ihn weiß. Auf dieses beschlagnahmte Vermögen können auch die Geschädigten zugreifen. Durch gemeinsames Handeln der Ermittlungsbehörden und der Unternehmen kann verhindert werden, dass es den Tätern während der oft langen Dauer der Zivilverfahren gelingt, ihr Vermögen beiseite zu schaffen, weshalb die Unternehmen bislang oft leer ausgingen. Dieser Teil der Vermögensabschöpfung nennt sich Rückgewinnungshilfe und ist gewissermaßen eine Dienstleistung des Staates für Opfer von Straftaten. Sie ähnelt dem zivilrechtlichen Arrestverfahren, mit dem ein Gläubiger ebenfalls das Vermögen eines Schuldners sichern kann. Der große Unterschied besteht aber darin, dass das geschädigte Unternehmen bei einem zivilrechtlichen Vorgehen darauf angewiesen ist, die Vermögenswerte des Täters, die es pfänden will, selbst zu finden. Bei der Rückgewinnungshilfe kann man auf die Vorarbeit der Finanzermittler der Polizei aufbauen, die den Fluss des Geldes überprüfen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeiten in den letzten Jahren stetig ausgeweitet, und auch der Koalitionsvertrag der Großen Koalition sieht eine weitere Stärkung der Vermögensabschöpfung vor. Die früher von Staatsanwälten und Strafrichtern oft vertretene Ansicht, ein Strafverfahren diene nicht der Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche, ist damit heute nicht mehr aktuell. Unternehmen sollten sich daher nicht scheuen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, wenn sie Opfer einer Straftat geworden sind.

Wiedergutmachung des Schadens

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit dem Adhäsionsverfahren für Geschädigte die Möglichkeit geschaffen, im Strafverfahren Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Damit erübrigt sich ein weiteres Zivilverfahren. Und selbst die Täter haben oftmals ein Interesse daran, sich mit dem geschädigten Unternehmen zu einigen und den Schaden wiedergutzumachen – sie lockt die Aussicht auf eine mildere Strafe. Da das Adhäsionsverfahren im Ermessen des Strafgerichts steht und früher nur für niedrige Schmerzensgeldansprüche genutzt wurde, versuchen Richter, die sich bei komplizierteren zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen auf ungewohntem Terrain bewegen, die Adhäsionsanträge teilweise als ungeeignet für den Strafprozess abzulehnen. Dann ist viel anwaltliches Geschick gefragt. Oftmals aber einigen sich Täter und Geschädigte unter dem Druck des Strafverfahrens und der Beschlagnahmen auch schon außerhalb des Gerichtssaals über den Schadensersatz. Auch die von der S&K-Immobiliengruppe geprellten Anleger haben also gute Chancen, mit Hilfe der Staatsanwaltschaft zumindest einen Teil der angelegten Gelder zurückzuerhalten. Sie sollten sich aber beeilen. Denn auch bei der Rückgewinnungshilfe gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

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