Geldpolitik

Deutsche Bank zahlt die Zeche für allzu lange Selbstgenügsamkeit

Krasser könnte das Kontrastprogramm nicht sein. Während sich die großen US-Banken in satten Milliarden-Gewinnen aalen, verkündet der neue Deutsche Bank-Chef John Cryan einen Rekordverlust von 6,7 Mrd. Euro nach Steuern für das vergangene Jahr. Dabei sind die im vierten Quartal vorgenommenen abermaligen Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten von 1,2 Mrd. Euro sowie die Restrukturierungskosten für den schon im Herbst angekündigten Personalabbau von rund 1 Mrd. Euro auch in dieser Höhe keine echte Überraschung.

Erstaunlich ist allenfalls, dass Cryan diese Belastungen noch voll ins alte Jahr geschoben hat. Offensichtlich will sich der Deutsche Bank-Sanierer damit etwas mehr Luft für die laufende Periode verschaffen, in dem hohe Investitionskosten für die überfällige Modernisierung der IT-Plattformen anstehen, die das Ergebnis 2016 belasten werden.

Den Kurssturz der Deutsche Bank-Aktie, die am Donnerstag in der Spitze um mehr als 9% abrutschte, dürfte denn auch vor allem der unerwartet heftige Rückgang der Erträge um 15% auf 6,6 Mrd. Euro im vierten Quartal ausgelöst haben. Zwar mussten im Schlussquartal auch die US-Banken insbesondere im Anleihehandel, in dem die Deutsche Bank zu den führenden Anbietern zählt, Federn lassen, doch offensichtlich lief es auf dem europäischen Heimat-Kapitalmarkt für die Frankfurter noch schlechter als für die US-Institute auf den amerikanischen Märkten. Damit hat die ohnehin mit zu hohen Kosten kämpfende Deutsche Bank nun auch noch ein Ertragsproblem ereilt. Im Gesamtjahr 2015 konnte die Deutsche Bank ihre Einnahmen allerdings noch um 5% auf 33,5 Mrd. Euro steigern.

Mit seiner Radikalkur aus Stellenabbau, massiven Abschreibungen auf Firmenwerte (5,8 Mrd. Euro) sowie der Aufstockung der Rückstellungen für Rechtsrisiken um insgesamt 5,2 Mrd. Euro im vergangenen Jahr holt Cryan nun mit Brachialgewalt nach, was seine Vorgänger Josef Ackermann und Anshu Jain sträflich vernachlässigt haben. Rächt sich doch jetzt, dass die Deutsche Bank vergleichsweise glimpflich durch die Finanzkrise gekommen war und allzu lange glaubte, vieles richtig gemacht zu haben. Die unangefochtene Stellung als „ewiger deutscher Marktführer““ mag die Deutsche Bank in dieser Hybris noch bestärkt haben, während sich die vom Staat seinerzeit zwangsrekapitalisierten US-Institute, die sich auf ihrem Heimatmarkt einen knallharten Oligopol-Wettbewerb liefern, schon früh gezwungen sahen, ihre Hausaufgaben zu machen. Entsprechend profitieren die US-Banken jetzt von ihren Sparanstrengungen und dem Auslaufen der Strafzahlungen. Zur Ehrenrettung der Deutschen Bank muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Sparerfolge der Jain-Ära weitgehend von den kräftig gestiegenen Kosten für Regulierung und Reporting aufgefressen wurden.

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