Konjunktur

Deutsche Konjunktur – Börsianer schreiben zweites Halbjahr ab

Es hatte sich schon länger abgezeichnet, dass die deutsche Konjunktur auch in der zweiten Jahreshälfte nur mühsam an Schwung gewinnen wird. Doch jetzt scheint auch der letzte Rest an Hoffnung auf eine Rückkehr der Wachstumskräfte vollends zu schwinden.

Die vom Mannheimer Konjunkturforschungsinstitut ZEW befragten Kapitalmarktexperten schätzen in der aktuellen Juli-Umfrage die wirtschaftlichen Aussichten mit Blick auf die nächsten sechs Monate deutlich negativer ein als von führenden Ökonomen erwartet. Demnach sanken die ZEW-Konjunkturerwartungen im Vergleich zum Vormonat um 6,2 Zähler auf -14,7 Punkte. Das ist der schlechteste Wert seit Dezember 2022.

Auch die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage trübte sich um 3 Punkte auf nunmehr -59,5 Zähler ein. ZEW-Präsident Achim Wambach macht dafür vor allem die Erwartung weiter steigender kurzfristiger Zinsen im Eurogebiet und in den USA verantwortlich. Die gestiegenen Zinsen strangulieren die Investitionen und die hohe Inflation nagt an der Kaufkraft der Verbraucher. Auch vom Ausland sind keine positiven Impulse für die deutsche Wirtschaft zu erwarten.

Die konjunkturelle Erholung in China hat sich als Strohfeuer entpuppt und auch der bislang überraschend robusten US-Wirtschaft wird angesichts der kräftig gestiegenen Zinsen allmählich die Luft ausgehen. Um die lahmende Konjunktur in China wieder auf Trab zu bringen, will die Regierung den angeschlagenen Immobilienmarkt nun doch durch staatliche Maßnahmen, vor allem Kreditstundungen, stärker stützen. Die andauernde Wachstumsschwäche Deutschlands dürfte denn auch die Standortdebatte weiter anheizen.

Die geringe Investitionsneigung und die im Gefolge der hohen Inflation kräftig gestiegenen Löhne haben die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft massiv geschwächt. Im internationalen Vergleich gilt Deutschland bereits als Schlusslicht. Die einstigen Stärken Deutschlands als Exportnation mit starker industrieller Basis haben sich in Windeseile zu Schwachpunkten gewandelt.

Die Industrie steckt bereits seit geraumer Zeit in der Rezession und die schleichende Deglobalisierung pulverisiert die Basis der deutschen Exportwirtschaft. Zudem sorgt auch noch der aktuell starke Euro für Gegenwind. Da sich die Politik mit harten Strukturreformen schwertut, wird den Unternehmen kaum etwas anderes übrigbleiben, als die Axt an den Kosten anzusetzen. fm

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