Deutschland und die Pandemie – „Unser Vorsprung schmilzt“
Die Arbeit der Bundesregierung und insbesondere von Kanzlerin Angela Merkel sei im hohen Maße anerkennenswert, aber Deutschland sei gerade dabei, seinen Vorsprung im Kampf gegen die Pandemie einzubüßen. Insbesondere wegen des in einigen Bundesländern, allen voran Baden-Württemberg, von dem er dies nicht erwartet hätte, allzu schleppenden Fortgangs bei den Impfungen. Wie es beim Impfen in Sachen Organisation und Tempo vorangehe, sei aber entscheidend für die Bewältigung der Krise und die Länge des Lockdowns. Die kalte Jahreszeit mache Erfolge zusätzlich schwer.
Wieland erinnerte an den ersten Lockdown im Frühjahr 2020, der erst am 19. April gelockert worden sei. Das industriell starke Deutschland habe den Vorteil, dass die Wirtschaft bisher zu 90 bis 95% laufe. Der Arbeitsplatz sei kein Infektionsherd, weil die Hygienekonzepte der Unternehmen funktionierten. Auch könnten nicht alle zuhause bleiben. Die Lieferketten müssten ja funktionieren, spielte Wieland auf die Debatte um Homeoffice an. Nebenbei klopfte sich Wieland auf die eigene Schulter. Bereits das Sondergutachten der Wirtschaftsweisen von März 2020 sei mit 5,4% BIP-Minus fast eine Punktlandung gewesen. Tatsächlich waren es lt. amtlicher Statistik am Ende 5% Rückgang beim BIP.
Sorge bereitet Wieland die Geldmenge, die anhaltend um 10% wachse. Risiken bei der Inflation und im Bankensektor (wegen sich häufender Kreditausfälle) dürften nicht ausgeblendet werden. Mit seinem Hinweis auf „reversal risk“ adressierte Wieland die gefährlichen Folgen einer unverhofften Zinswende. Derzeit könnten sich die Staaten in der Eurozone noch alles leisten, allen voran Deutschland mit seinen Minuszinsen. Wieland hält es für möglich, dass Deutschland in einem optimistischen Szenario wie schon nach der Finanzkrise im Verlauf einer Dekade das Ziel einer Gesamtverschuldung von 60 (80)% des BIP werde zurückerobern können. Bei Italien hat er große Zweifel. Warnungen aus der Wissenschaft würden in Rom systematisch ignoriert. Auf 3% steigende Renditen würden hier das Problem massiv verschärfen. Die EU müsse die Verwendung der dorthin fließenden Gelder scharf kontrollieren.