Währungen

Devisenmarkt – Industrie braucht einen langen Atem

Der deutsche Export wird derzeit nicht nur erlösseitig auf eine harte Probe gestellt. Auch der Devisenmarkt wird die Industrie noch lange beschäftigen. Mit Blick auf die Cashflows der Unternehmen mit dem Ausland bekommt die Entwicklung des Euro/US-Dollar-Kurses (EUR/USD) seit geraumer Zeit größere Bedeutung.

Am Dienstag hatte der Euro mit 1,1966 USD ein Zweijahreshoch erreicht. „Wir werden in diesem Jahr die 1,20-Kursmarke noch öfter testen“, ist sich Harwig Wild, Devisenmarkt-Experte und Stellvertretender Direktor bei Metzler Capital Markets, im Gespräch mit PLATOW sicher. Dabei nennt Wild die politische Situation in den USA sowie das noch immer offene und ungewisse Ende im Handelsstreit mit China als mögliche Gründe. Das Ende der Fahnenstange muss mit der aktuellen Währungsentwicklung aber noch nicht erreicht sein, denn Anfang 2018 stand der Euro gar bei 1,25 USD.

Das sehen auch die Experten vom Bankhaus Metzler so. Danach sollte sich das EUR/USD-Verhältnis bis Ende des Jahres und im H1 2021 stetig nach oben bewegen, „auch wenn die Bäume hier nicht in den Himmel wachsen“, sagt Analyst Daniel Winkler. Für Q4 2020 prognostiziert er 1,22. Zur Jahresmitte 2021 könnte das Wechselkurspaar bei 1,24 stehen. Die treibende Kraft dürfte jedoch nicht die Einheitswährung sein – denn auf die Eurozone warten bei der Verarbeitung der Covid-19-induzierten Probleme ebenfalls riesige Herausforderungen, die den Währungsraum auf die eine oder andere Probe stellen könnten. Vielmehr geht Metzler-Experte Winkler von einer zyklischen USD-Schwäche aus, die nicht zuletzt durch die im November stattfindende Präsidentschaftswahl neue Nahrung erhalten sollte – und zwar unabhängig vom Ausgang. Für den Euro spricht zudem, dass im Rahmen der Finanzierung der vereinbarten Rettungspakete auch neue Anlagemöglichkeiten entstehen, die Kapitalströme in den einheitlichen Währungsraum auslösen könnten.

Aktuell hat sich der Euro nach seinen jüngsten Verlusten zunächst stabilisiert. Am gestrigen Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,1815 USD. Als einen Grund für die USD-Gewinne nennen Fachleute die amerikanische Geldpolitik. Die Fed hatte in ihrem Sitzungsprotokoll vom Mittwochabend keine hohe Präferenz erkennen lassen, ihre Geldpolitik rasch an wirtschaftliche Größen wie Inflation oder Arbeitslosigkeit zu binden. Dies wurde als kleine Kehrtwende interpretiert, was dem USD etwas Auftrieb verlieh.

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