EZB-Falken stemmen sich gegen weiteren Zinsschritt im Juli
Gleich mehrere bemühten sich am Freitag, die Signalwirkung des Schritts herunterzuspielen. Dagegen hielten sich die Verfechter einer lockeren Geldpolitik (Tauben), die aktuell in der Minderheit sind, auffällig zurück. Offenbar wollen die Falken ein ähnliches Szenario wie vor der Juni-Sitzung vermeiden. Viele Ratsvertreter hatten sich im Vorfeld auf eine Zinssenkung im Juni festgelegt, obwohl es auch damals immer geheißen hatte, man wolle die Entscheidung von neuen Daten abhängig machen.
Durch diese Vorfestlegungen gab es wenig Spielraum: Alles andere als eine Zinssenkung hätte Investoren sehr überrascht. Dabei stärkten einige der zuletzt erschienenen Daten nicht unbedingt die Argumentation für eine Zinssenkung. So stieg die Inflation im Euroraum zuletzt wieder und es gab höhere Lohnzuwächse. Zudem hob die EZB am Donnerstag ihre Inflationsprognosen an.
Nach der Ratssitzung begründete der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann, der als einziges Mitglied gegen die Zinssenkung gestimmt hatte, seine Haltung so: „Datenabhängige Entscheidungen sollten datenabhängig sein.“ Eine unverblümte Anspielung auf die widersprüchliche Datenlage. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel verteidigte zwar den Beschluss, sagte aber auch, es gebe keinen Automatismus, dass einer ersten Zinssenkung unmittelbar weitere folgen müssten. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hob hervor, dass sich die Notenbank nicht im Voraus auf eine bestimmte Zinsentwicklung festlegen könne. Die Verfechter einer lockeren Geldpolitik blieben zunächst in Deckung.
Auffällig war in den vergangenen Wochen, dass sich der französische Notenbankchef, François Villeroy de Galhau, so positioniert hatte. Er gilt eigentlich als jemand, der in der Mitte steht und oft als einer der Ersten die Meinung ändert, wenn sich eine Debatte dreht. Anders als die Falken hat er eine weitere Zinssenkung im Juli offengelassen. Dagegen schlugen EZB-Chefvolkswirt Philip Lane und der griechische Notenbankchef, Yannis Stournaras, relativ falkenhafte Töne an. Aktuell zumindest haben die Falken Rückenwind. Noch im April erwarteten Investoren etwa fünf Zinssenkungen der EZB in diesem Jahr. Inzwischen gehen sie nur noch von ein oder zwei weiteren Schritten aus. jam