Geldpolitik

EZB in der Klemme – Ukraine-Krieg überrollt die Zinswende

Angesichts der „schockierenden Ereignisse in der Ukraine“ verzichtet die Bundesbank auf ihre Bilanz-PK am heutigen Mittwoch (2.3.), teilte die Notenbank kurzfristig mit. Es dürfte jedoch nicht nur das ehrliche Mitgefühl mit der von Russland überfallenen Ukraine gewesen sein, das die Bundesbank zu diesem außergewöhnlichen Schritt veranlasst hat. Gilt die Präsentation des Zahlenwerks doch üblicherweise als gute Gelegenheit, den Bundesbank-Präsidenten auch zu aktuellen geldpolitischen Themen zu befragen.

EZB-Tower in Frankfurt
EZB-Tower in Frankfurt © CC0

Doch angesichts der dramatischen geopolitischen Lage, deren wirtschaftliche Folgen sich noch kaum seriös abschätzen lassen, will sich der neue Bundesbank-Chef Joachim Nagel gut eine Woche vor der nächsten Zinssitzung der EZB am 10.3. offensichtlich noch nicht öffentlich positionieren. Die vom Krieg in der Ukraine kalt erwischten Währungshüter ringen seither um die angemessene geldpolitische Reaktion auf die sich überstürzenden Ereignisse.

Dabei steckt die EZB in einem handfesten Dilemma. Die nochmals kräftig gestiegenen Öl- und Gaspreise treiben die ohnehin schon hohe Inflation weiter. Zugleich werden die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen auch das gerade wieder aufkeimende Wachstum in der Eurozone bremsen. Die Kurseinbrüche europäischer Bankaktien bedrohen zudem die Finanzstabilität. Das italienische EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta mahnte bereits, es gelte nun, „moderat und vorsichtig“ vorzugehen, um die Konjunktur nicht abzuwürgen.
Tatsächlich erscheint es schwer vorstellbar, dass die EZB am kommenden Donnerstag ungerührt von den aktuellen Ereignissen die Zinswende einleitet. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte bereits Anfang Februar die Parole ausgegeben, „Flexibilität und Optionalität“ seien in der Geldpolitik jetzt wichtiger denn je. Um Zeit zu gewinnen, wird sich Lagarde an diesem Motto auch weiterhin festklammern. Aller Voraussicht nach, wird sich die EZB alle Optionen offenhalten und weder eine Zinserhöhung in diesem Jahr noch eine Fortsetzung der Anleihekäufe ausschließen.

Abonnieren Anmelden
Zur PLATOW Börse