Notenbankpolitik

EZB – Lagarde drohen die Zügel zu entgleiten

Die EZB muss aufpassen, nicht von den Märkten überrollt zu werden. Angesichts hartnäckig hoher Inflationsraten will es der Notenbank einfach nicht gelingen, die am Geldmarkt auflodernden Zinsspekulationen auszutreten.

EZB-Tower in Frankfurt
EZB-Tower in Frankfurt © CC0

Dort wird mittlerweile erwartet, dass die EZB schon 2022 gleich zwei Zinserhöhungen vornehmen könnte. Das würde jedoch den geldpolitischen Fahrplan von EZB-Präsidentin Christine Lagarde über den Haufen werfen. Es gilt zwar als ausgemacht, dass der EZB-Rat auf seiner Zinssitzung im Dezember das Pandemie-Notkaufprogramm PEPP Ende März 2022 auslaufen lässt. Die EZB hat jedoch bereits signalisiert, dass sie auch danach weiter Anleihen kaufen wird. Dazu dürfte das zweite Ankaufprogramm APP aufgestockt und eventuell modifiziert werden. Aktuell kauft die EZB über das APP-Programm monatlich Anleihen im Volumen von 20 Mrd. Euro.

Da die europäische Notenbank erst nach einem kompletten Abschluss der Anleihekäufe an der Zinsschraube drehen will, wären zwei Zinsschritte im kommenden Jahr mit dem aktuellen Zinsausblick (Forward Guidance) der EZB nur sehr schwer in Einklang zu bringen. Die EZB versucht denn auch einmal mehr, die ausufernden Zinsfantasien am Geldmarkt zu dämpfen. Am Freitag ließ Litauens Zentralbank-Chef Gediminas Simkus verlauten, die Inflationsrate dürfte 2023 wieder unter den EZB-Zielwert von 2% sinken. Damit seien die von der EZB definierten Bedingungen für eine Zinserhöhung nicht erfüllt. Sein finnischer Kollege Olli Rehn sekundierte, die EZB werde trotz der erhöhten Inflation weiterhin „geduldig“ und „umsichtig“ agieren.

Interessant ist, dass Simkus mit seiner Einlassung indirekt zugibt, dass die Teuerung wohl auch noch das gesamte nächste Jahr über dem EZB-Zielwert liegen könnte. Im Oktober kletterte die Inflationsrate in der Eurozone auf 4,1% und damit auf den höchsten Wert seit über 13 Jahren. Offensichtlich will die EZB mit dem Hinweis auf 2023 Zeit gewinnen, um sich über das kommende Jahr zu retten. Ob dieses Kalkül aufgeht, wird sich zeigen. Aktuell steht die EZB gleich doppelt unter Druck, von der Inflation und den Märkten.

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