Zinspolitik

EZB – Lagarde wird ihr Zins-Mantra nicht durchhalten können

EZB-Präsidentin Christine Lagarde gibt sich weiterhin unverdrossen. Während die amerikanische Notenbank Fed die Zinswende in den USA schneller und aggressiver als erwartet vorantreibt, warnte Lagarde im französischen Radiosender France Inter vor übereilten Zinserhöhungen in der Eurozone, die das Wirtschaftswachstum ausbremsen würden.

EZB-Tower in Frankfurt
EZB-Tower in Frankfurt © CC0

Die EZB-Chefin bekräftigte zudem ihre Einschätzung, dass sich die zuletzt kräftig gestiegene Inflation stabilisieren und im weiteren Jahresverlauf schrittweise abflauen werde. Doch Lagardes Weigerung, schon in diesem Jahr an der Zinsschraube zu drehen, gerät von immer mehr Seiten unter massiven Druck.

Im Dezember kletterte die Teuerung in der Eurozone auf 5% und damit deutlich über den mittelfristigen EZB-Zielwert von 2%. Eine durchgreifende Beruhigung des Preisauftriebs ist trotz des Auslaufens diverser Sonderfaktoren wie dem deutschen Mehrwertsteuer-Effekt kaum in Sicht. Der im November zeitweilig eingebrochene Ölpreis ist seither wieder kräftig angestiegen und heizt die Energiekosten an. In Deutschland sind die Erzeugerpreise, ein wichtiger Indikator für die Inflationsentwicklung, im Dezember um 24,2% gegenüber Vorjahr nach oben geschnellt. Das war der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung 1949, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Industrieproduktion wird weiterhin von fast unverminderten Lieferengpässen gebremst.
Gegenwind bekommt Lagarde aber nicht nur von der Inflationsfront. Die EZB muss auch aufpassen, dass die Märkte sie nicht vor sich hertreiben. Die Kapitalmärkte preisen gerade insgesamt vier Leitzinserhöhungen in den USA ein. Damit droht die aggressive Zinspolitik der Fed auch auf Europa überzuschwappen. Am Mittwoch robbte sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen erstmals seit Mai 2019 wieder in den positiven Bereich, wenn auch nur hauchzart und für einen kurzen Moment. Doch das Signal war nicht zu übersehen. Auch in Europa haben die Wetten auf eine Zinswende begonnen. Auf ihrer nächsten Zinssitzung am 3.2. wird die EZB trotz des gestiegenen Drucks die Füße stillhalten. Aber schon im März (10.3.) könnte es im EZB-Rat zum Schwur kommen, wenn sich bis dahin Lagardes Erwartung eines spürbar gedämpften Preisauftriebs nicht erfüllen sollte. Dann könnte die EZB ihren erst im Dezember neu justierten Fahrplan für die Anleihekäufe auf den Prüfstand stellen.

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