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EZB muss Inflationsprognosen erneut deutlich anpassen

Als Christine Lagarde am Donnerstag die neuen Inflationsprognosen der EZB präsentierte, hatte sie viel zu erklären. Noch im Dezember war die Notenbank von einem Preisanstieg von 2,7% in diesem Jahr ausgegangen – drei Monate später senkte  sie die Erwartungen auf 2,3%.

Auch für 2025 geht sie nun von einem geringeren Wert aus. Lagarde führte dies vor allem auf niedrigere Energiepreise zurück. Aber auch ihre Prognosen für die viel beachtete Kerninflation, wo schwankungsanfällige Energie- und Nahrungspreise rausgestrichen werden, musste die EZB deutlich anpassen.

Der Chart der Woche zeigt die langfristigen Abweichungen ihrer Schätzungen der Kerninflation von der tatsächlichen Entwicklung. Dabei fällt auf:  Die EZB hat die Kerninflation in den Jahren vor der Pandemie überschätzt und dann unterschätzt. Seit Dezember 2022 hat sie die Entwicklung eher wieder überschätzt und musste ihre Prognosen wie jetzt am Donnerstag tendenziell nach unten korrigieren.

Die deutlichen Abweichungen sorgen immer wieder für Kritik an den Modellen. Auch jetzt warnen einige Ökonomen, dass die EZB die Inflationsentwicklung überschätzt. Ihre Modelle sind vor allem in Umbruchphasen fehleranfällig. Denn sie basieren letztlich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit, was gut funktioniert, solange die Zusammenhänge stabil sind, aber eher nicht an Wendepunkten. Zudem stufen die Modelle Schwankungen als Ausnahmen ein und gehen stets von einer Rückkehr zum Mittelwert aus.

Der Ökonom Erik Nielsen, der die italienische Bank Unicredit berät, argumentiert seit einiger Zeit, dass die EZB die Inflation in der aktuellen Phase zu hoch einschätzt. Aus seiner Sicht haben führende Vertreter der Notenbank eine falsche Analogie vor Augen. Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte den Kampf gegen die Inflation mit einem Marathonlauf verglichen und argumentiert, die letzte Meile bei der Senkung sei besonders schwer. Nielsen hält ein solches Szenario für ziemlich
unwahrscheinlich. jam

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