EZB muss Prognosen wohl bald nach unten korrigieren
Laut dem „Survey of Professional Forecasters“ rechnen die Experten für die EZB-Geldpolitik für dieses Jahr nur noch mit einem Wachstum von 0,5% und für 2024 mit einer Rate von 0,9%. Die EZB selbst war im September noch von 0,7% für dieses Jahr und 1% für 2024 ausgegangen. Die Notenbank hat auf ihrer Sitzung am Donnerstag selbst keine neuen Prognosen ihres Stabs vorgelegt. Diese werden sie erst wieder im Dezember präsentieren.
Viele Fachleute gehen aber davon aus, dass die Prognosen dann deutlich niedriger ausfallen werden. „Wir kommen zu dem Schluss, dass die EZB ihre Wachstumsprognosen für 2023 und 2024 im Dezember höchstwahrscheinlich um mindestens 0,25 Prozentpunkte nach unten korrigieren muss,“ sagt der Chefökonom der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin, Karsten Junius. In ihrer Pressekonferenz am Donnerstag äußerte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde pessimistischer zur Konjunktur als zuvor. So betonte sie, dass die schärferen Kreditbedingungen der Banken die Wirtschaft weiter bremsen werden. Laut der EZB-Präsidentin greift die Schwäche zunehmend auch auf den Dienstleistungssektor und auf den Arbeitsmarkt über.
Weniger eindeutig ist hingegen das Bild bei der Inflation. Die von der EZB befragten Experten hoben ihre Inflationsprognosen für dieses Jahr von 5,5 auf 5,6% leicht an. Für 2024 gehen sie wie zuletzt von 2,7% aus. Ihre Erwartungen für 2025 reduzierten sie leicht auf 2,1 (2,2)%.
Ein wichtiger Risikofaktor hier sind die Energiepreise. „Die zunehmenden geopolitischen Spannungen könnten die Energiepreise kurzfristig in die Höhe treiben,“ warnte etwa Lagarde. EZB-Vertretern bereitet vor allem Sorge, dass der Ölpreis wegen des Nahostkonflikts stärker steigen könnte. Dies würde sich schnell auf die Inflationsrate übertragen, aber gleichzeitig die restliche Wirtschaft weiter schwächen. In diesem Fall stünden Lagarde und ihre Kollegen aus dem EZB-Rat vor einer schwierigen Abwägung, ob sie dann trotzdem die Zinsen weiter anheben. jam